Mittwoch, 15. Oktober 2014

Geistliche Kommunion

verborgen anwesend
Blogger-Kollege Tarquinius hat einen zum Nachdenken anregenden Beitrag zur Frage der geistlichen Kommunion geschrieben (hier). (Ich war zu faul, die Anregung von Ed Peters selbst in die Tat umzusetzen, also: Danke dafür! ;))

Leider gibt es erstaunlich wenig Literatur zu diesem Thema, und die letzten 50 Jahre hat man offenbar gar nicht mehr darüber nachgedacht (die Gründe sind bekannt). Das ist mir schmerzlich aufgegangen in der Zeit zwischen meiner Bekehrung und meiner Taufe, als mir nunmal ausschließlich die geistliche Kommunion zur Verfügung stand.
Soweit ich das verstanden habe, ist die geistliche Kommunion stets auf die sakramentale hingeordnet, in der Art, wie ein Akt vollkommener Reue in Ermangelung eines Priesters auf den Empfang des Bußsakramentes hingeordnet ist. Heißt: Wenn es keine Möglichkeit zum Sakramentenempfang gibt (sei es aufgrund von äußeren oder inneren Faktoren), man diesen aber in der gleichen Gesinnung der Liebe und mit der gleichen Bereitschaft zur Bekehrung und Hingabe ersehnt, dann wird einem die sakramentale Gnade zuteil. Aber sobald die Möglichkeit des Empfangs sich ergibt, ist diese auch zu nutzen. Dies geschieht dann freilich nicht im Sinne eines "Nachholens" einer Pflichtübung, sondern als Realisierung dessen, was schon zuvor im Hinblick auf den tatsächlichen Empfang gewährt wurde.

Das Konzil von Trient wusste noch die drei Arten des Empfangs der heiligsten Eucharistie wohl zu unterscheiden:
»In bezug auf den Gebrauch aber haben unsere Väter richtig und klug drei Weisen, dieses heilige Sakrament zu empfangen, unterschieden.
Sie lehrten nämlich, daß manche es lediglich sakramental genießen als Sünder [d.h. sie machen sich eben dadurch schuldig!]; andere nur geistlich, nämlich jene, die, jenes vor Augen gestellte himmlische Brot dem Verlangen nach essend, mit lebendigem Glauben, "der durch die Liebe wirkt" (Gal 5,6), seine Frucht und seinen Nutzen verspüren; die dritten aber zugleich sakramental und geistlich; es sind aber diejenigen, die sich zuvor so prüfen und herrichten, daß sie, mit dem Hochzeitsgewande angetan, zu diesem göttlichen Tische hinzutreten (vgl. Mt 22,11f).«
(13. Sitzung, Kapitel 8; DH 1649)

Im Fall der geistlichen Kommunion wegen "Unwürdigkeit" (Paulus) bedeutet dies freilich einen Ansporn zur Bekehrung. Das wirft nun aber tatsächlich die Frage auf, wie das bei vorauszusehender und sogar beabsichtiger Dauerhaftigkeit des Zustandes ausschaut...
Ich nehme mir da die Worte Johannes Pauls II. zu Herzen, der am Ende des Abschnittes, der dieses leidige Thema behandelt, in FC schreibt:
»Die Kirche vertraut fest darauf; daß auch diejenigen, die sich vom Gebot des Herrn entfernt haben und noch in einer solchen Situation leben, von Gott die Gnade der Umkehr und des Heils erhalten können, wenn sie ausdauernd geblieben sind in Gebet, Buße und Liebe.«

Die Hinordnung der geistlichen Kommunion auf die sakramentale hat keine festen zeitlichen Parameter. Insofern spielt es keine Rolle, wie lange ich schmachte. Aber was Tarquinius schreibt stimmt natürlich: Ich kann nicht zugleich wahrhaft nach der Eucharistie verlangen und das Böse, das mich (objektiv!) davon abhält wollen. Eine, wie es der Römische Katechismus nennt, "Abscheu" gegen die Sünde ist eine notwendige Voraussetzung für die Hinwendung zu Gott. Ich kann nicht zugleich in zwei entgegengesetzte Richtungen blicken und nicht zugleich zwei Herren dienen. Die Internationale Theologische Kommission, die ich in meinem letzten Beitrag (hier) diesbezüglich bereits zu Wort kommen ließ, drückt das so aus: 
»Würde [die Kirche] wiederverheiratete Geschiedene zur Eucharistie zulassen, so würde sie diese Ehepartner glauben machen, sie könnten auf der Ebene der Zeichen mit dem kommunizieren, dessen eheliches Geheimnis sie auf der Ebene der Wirklichkeit ablehnen.«

Wir können den Menschen nicht ins Herz schauen. Und wir wissen nicht, was die Zukunft für den Einzelnen bringt. Was wir wissen ist, dass die Kirche der Gnade Gottes keine Grenzen setzen kann und dass der tatsächliche Verlauf dieser Grenzen, von der Hölle mal abgesehen, auch der Kirche letztlich unbekannt ist. Was die Kirche aber tut und was auch zu ihrem Daseinsgrund gehört ist, alles zu tun, um die Menschen sicher in das Vaterhaus zu bringen. Die Schafe ins Trockene, wie man so schön sagt.
Das kann man sich vielleicht in etwa wie bei einer herannahenden Flut vorstellen: Um nicht fortgerissen zu werden, kann es genügen, ein paar Meter den Hügel hinaufzugehen, so genau weiß man das nicht, bevor die Wellen tatsächlich kommen. Sicherer ist es aber, weiter hinaufzusteigen, zu versuchen, die höchste Stelle zu erreichen, solange noch Zeit bleibt.
Es ist die Aufgabe der Kirche den Leuten dieses klarzumachen: Die Gnade Gottes reicht immer weiter als wir denken. Aber wenn wir uns überhaupt nicht nach besten Kräften "nach oben" bewegen, dann dürfen wir uns hinterher nicht beklagen, wenn wir von den Wellen erfasst werden. Dass wir auch dann noch auf Rettung von Oben hoffen dürfen und auch unsere Mitbrüber nicht tatenlos rumstehen, ist urchristlich... sich aber sehenden Auges und trotz Warnungen mitreißen zu lassen, ist einfach nur dumm... und gefährlich!

Die geistliche Kommunion ist immer ein Weg, nie das Ziel. Ein Weg muss aber auch gegangen werden und führt notwendig vom Hier zum Dort und vom Jetzt zum Einst. Wer sich auf den Weg zu Gott begibt mag straucheln, immer wieder hängen bleiben, zurückfallen, ausrutschen, vom Bösen überfallen werden oder auch mal in die Irre gehen. Aber ich wage zu behaupten, dass es für jeden Hoffnung gibt und jeder sich immer und immer wieder auf diesen Weg begeben darf, egal wie klein sein Fortschritt ist. Und: Keiner ist dabei allein.

2 Kommentare:

  1. Vielen Dank für die sehr guten und viel ausführlicheren Erläuterungen! Natürlich möchte ich auch nicht sagen, dass Christgläubige, die in einer irregulären Situation sind, gar keine Gemeinschaft mit Christus haben oder halten können. Das wäre natürlich Unsinn. Auch erfolgt die Bekehrung, die Hinwendung zu Christus oft Schritt für Schritt, da haben wir tatsächlich eine wahre Gradualität. Voraussetzung ist die tiefe Demut und den Willen zur Veränderung, auch, wenn vielleicht noch das letzte Stück Kraft fehlt. Sehnt sich jemand in solch einer Situation nach Christus, dann wird er ihm sicher nicht die Gnaden verweigern, die ihm noch fehlen.

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    1. Meiner Meinung nach ist übrigens diese Hinordnung zu den Sakramenten durchaus richtig, erschöpft aber den Nutzen der geistlichen Kommunion nicht. Sie ist nicht absolut parallel zur Reue, die der sakramentalen Buße vorausgeht (und natürlich auch unabhängig von ihr sehr nützlich erweckt werden kann!). Das Dictionarium hat etwas in diese Richtung geschrieben, leider habe ich mir die Seiten nicht kopiert...
      Wie dem auch sei die geistliche Kommunion ist doch auch eine wahre Vor- und Nachbereitung der sakramentalen Kommunion, und wir sollten uns doch vielleicht bemühen, nicht nur einmal am Tag oder ein paar Mal die Woche Gemeinschaft mit dem Herrn zu halten. Ferner denke ich, ein inniges Gebet bedeutet fast grundsätzlich, selbst unbewusst, eine geistliche Kommunion. Denn auch hier habe ich ein ganz vertrautes Zwiegespräch, das Verlangen nach seiner Einwohnung in meiner Seele. Die Reue macht mich dafür bereit, lässt mir vielleicht sogar die zeitlichen Sündenstrafen nach, aber nur das Verlangen nach Christus lädt ihn letztendlich ein.

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