Freitag, 28. Juni 2013

wie Abraham

»Da fiel Abraham auf sein Gesicht nieder und lachte.« (Gen 17,17)


Wie oft geht's mir so... dass ich IHM etwas nicht zutraue oder etwas nicht wahrhaben will... und wie oft hat ER mich schon aufgehoben und zum Schweigen gebracht.
Lässt mich jedesmal wundern, was er noch für mich bereitet hat... welches Schöne und... welches Schwere...

Mein Abschied von der Piusbruderschaft

TSCHÜSS!
BYE-BYE!
SALUT!
CIAO!
¡ADIÓS!
CZEŚĆ!
VALEAS!


Gääähn... 
Was gibt's sonst so?

Mittwoch, 26. Juni 2013

Die Psyche der Generation Aufbruch

Ungemein klare und aufschlussreiche Einsichten mit Seltenheitswert in die Psyche so mancher Katholiken und Priester gewähren Andreas Odenthal (Liturgiewissenschaftler in Tübingen) und Wolfgang Reuter (habilitierter Privatdozent für Pastoraltheologie in Vallendar) in der Herder Korrespondenz vom April 2013 in einem Artikel über das "pro multis" ("Vergiftung des Heiligtums? Überlegungen anlässlich der Neuübersetzung der Kelchworte"). Beide sind irgendwie "vom Fach".
Sieh her, Deutschland: Deine Theologen!

Normalerweise tu ich mir das Schmierblatt nicht an, aber heute stieß ich während einer Stunde der Muße beim Schmökern in der Fakultät auf diese Perle des Absurden. Vor allem blieb ich daran haften, weil die schizophrene Argumentation und die unverhohlenen Aufrufe zum Ungehorsam identisch sind mit dem aktuellen Freiburger Ungehorsamsaufruf (siehe dazu hier und hier)... ein Schelm, wer aus dieser Korrelation irgendwelche Kausalschlüsse zieht. Erwähnte ich schon, dass dieses Blättlein in Freiburg erscheint?

In dem Text heißt es u.a.:
»Übernimmt der Priester die Neuübersetzung des Messbuchs, wird der eher fortschrittliche Teil der Gemeinde ihn als papsttreu und angepasst einstufen, etwa nach dem Motto: Kaum kommt eine Änderung aus Rom, wird sie bereitwillig übernommen. Bleibt der Priester bei der bisherigen Übersetzung, wird der eher konservative Teil der Gemeinde ihm ein renitentes Verhalten unterstellen, dem das "sentire cum ecclesia" (wobei unter "ecclesia" lediglich die Hierarchie verstanden wird) fehlt.«
- Ins Auge sollte zu allererst stechen, was hier die offenbare, schon in der ersten Zeile implizierte, Vorausetzung ist: Dass es jedem Priester freistünde, das "neue neue Messbuch" zu verwenden oder nicht. Als ob es eine Sache der Vorliebe des Priesters wäre, welches liturgische Buch er verwendet! Darauf komme ich noch zurück.
- Es ist auch sehr schön, die Sprache zu beobachten: "fortschrittlich" versus "angepasst". "Fortschrittlich" ist derjenige, der bei dem gegenwärtigen (an vielen Stellen mehr schlecht als recht übersetzten) Messbuch stehenbleibt; "angepasst" ist der, der sich gegen den theologischen wie populären Mainstream stellt, der also den eben erwähnten "fortschrittlichen" Stillstand nicht mitmachen will (und sich stattdessen lieber, gut katholisch, in Einklang mit der Gesamtkirche begibt).
- Weiters ist es sehr aufschlussreich, dass hier die Annahme von etwas, das "aus Rom" kommt, derart negativ dargestellt wird. Im grunde handelt es sich hier also an eine Absage an alles, was mit "Gehorsam" im hierarchischen (nicht demokratischen) Sinne zu tun hat.
- Ich würde dem Priester in so einem Fall kein renitenten Verhalten unterstellen... ich würde ihm unterstellen, sein bei der Weihe abgegebenes Gelübde zu brechen, nämlich das des Gehorsams!
- Was hier dem Priester als "sentire cum ecclesia" unterstellt wird, ist eine billige Farce, bloß nicht beachten! Ich erinnere mich da spontan an gewisse Erlebnisse im Sandkasten: "... hast du wohool!"

Etwas später im Text:
»Ein Priester wird - zumindest in einer ersten Phase nach der Änderung - nicht mehr unbefangen die Herrenworte sprechen können, weil sie verraten, welche kirchenpolitische Position er einnimmt. Das allerheiligste Zentrum liturgischen Feierns wird damit "politisiert" und verliert seine doch so wichtige Einheit und Erlösung stiftende Funktion. Das Heiligtum ist durch eine Überreglementierung des gewohnten liturgischen und rituellen Feierns in seinem Kern bedroht, wenn gar nicht vergiftet.«
- Wir lernen: Es geht bei der Übersetzung des Messbuches, speziell der Herrenworte, gar nicht um Wahrheit, den Dienst an Gott oder gar das Wirken Gottes an uns... es geht um das Image des Priesters!
- Warum sollte eine wortgetreue Übersetzung des für die ganze Kirche gültigen Messbuches die "so wichtige Einheit und Erlösung stiftende Funktion" der Liturgie politisieren?
- Ich halte dagegen: Durch solches Gesabbel politisiert man sie! Dieser ganze Artikel (und seine unselige Verwandtschaft) politisieren die gesamte Angelegenheit, die eigentlich eine theologische (mithin philologische) und spirituelle ist!
- Bitte merken: Reglementierung des gewohnten Feierns.

Die Rede ist dann noch von einem "Bruch", der darin bestehe, dass "ohne Not [...] eine vierzigjährige Praxis geändert" wird. Soso... eine dem Original getreuere Übersetzung eines an sich aber inhaltsgleichen Buches, das gerademal 40 (vierzig) Jahre in Gebrauch war, ist also ein Bruch. Und das ist schlecht. Was ließe sich aufgrund dieser Argumentation für die Liturgiereform nach dem letzten Konzil als Schlussfolgerung ziehen, bei der bekanntlich das komplette Messbuch, das viele viele Jahrhunderte in Gebrauch war, grundlegend umgearbeitet wurde? War das gut?... Aber ich schweife ab. 
Weiter im Text:
»Zudem ergibt sich ein nicht geringes theologisches Dilemma, wenn künftig an einer solch zentralen Stelle das "Gesetz des Betens" (lex orandi) nicht mehr mit dem "Gesetz des Glaubens" (lex credendi) übereinstimmt.«
- Na endlich kommen wir zu des Pudels Kern: Was die Autoren glauben und wovon sie sagen, dass das auch die Katholiken im deutschen Sprachraum glauben, ist das, und nur das, was expressis verbis in dieser bestimmten (mehr schlecht als recht gelungenen) Übersetzung des römischen Messbuches steht. Nicht aber, was im für die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche vorgeschriebenen (weil die lex orandi dieser Kirche wiederspiegelnden) Messbuch enthalten ist. Bingo. Danke! Wegtreten.

Regelrecht drohend und zum Fremdschämen einladend heißt es dann noch im Bezug auf die Wiederzulassung der "alten" Messe: 
»Man wird nicht fehlgehen zu prognostizieren, dass die damals vom Papst vorgetragenen Argumente für die alte Messe als außerordentlicher Form neben der ordentlichen modifiziert zur Anwendung  kommen werden, indem sie auf das bisherige und das kommende deutsche Messbuch übertragen werden: "Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein" [...].«
- Warum habe ich nur den Eindruck, diese "Prognose" ist eher soetwas wie ein Aufruf? Hier werden schon die Messer gewetzt und die Kanonen in Stellung gebracht!
- Benedikt ist noch am leben, und schon wird er von den Geiern ausgeschlachtet... das ist so fad!

Kommen wir langsam zum Schluss:
»Die über vierzig Jahre geübte Version "für alle" - von Johannes Paul II. in seinem Gründonnerstagsbrief von 2005 als adäquate Interpretation gewürdigt - wäre von hierher mit denselben Maßstäben zu messen wie der alte Ritus. Und dann, so die Prognose, steht neben der außerordentlichen Form die ordentliche Form in zwei approbierten Fassungen, der von 1970 und der zukünftigen.«
- Jenen bekloppten Rekurs auf den armen seligen Johannes Paul II., von dem man niederträchtigerweise ab und an mal einen Satzfetzen ausschlachtet, den man aber ansonsten geflissentlich ignoriert, habe ich hier (klick) schon bedacht.
- Glauben die Autoren wirklich (wirklich!), dass "Rom" einfach so das bisherige (mehr schlecht als recht übersetzte) Messbuch bestehen lassen wird, nur weil irgendwelche Gurken das aufgrund ihres "renitenten Verhaltens" so möchten? Wenn ja, dann liegt hier vielleicht eine Pathologie (wahlweise auch eine Besessenheit) vor, und nicht einfach nur Unwissenheit ...
»Postmoderne Beliebigkeit wird in Zukunft die Feier der Eucharistie im deutschen Sprachraum prägen - von Einheitlichkeit im Beten keine Spur.
Es steht zu befürchten, dass in Folge der Entscheidung Roms bezüglich der Übersetzung der Kelchworte der Schaden groß sein wird. Zu verantworten ist er von der Hierarchie, nicht von denen, die das Messbuch nutzen - oder es eben nicht nutzen.«
- Vor Lachen konnte ich mich kaum halten, als ich das laß. Mal ehrlich: Genau die Leute, die sich hier aufregen und "postmoderne Beliebnigkeit" blöken sind diejenigen, die sich sowieso nie an Rubriken halten und die Messe eher, dem eigenen Ego frönend, nach Bauchgefühl denn nach objektiven Regeln "zelebrieren". Denen geht doch die "Reglementierung des Feierns" (s.o.) am Ar*** vorbei! Man prognostiziert also das, was man selbst seit Jahrzehnten praktiziert (und was mit ein Grund für die Einführung des neuen Messbuches ist, das nämlich auch in den Rubriken einige überfällige Nachbesserungen enthält... auch dies wird diese Leute nicht kümmern).
- Bemerkenswert ist, wie die Autoren schlicht und ergreifend Unfähig sind "Einheit im Beten" über den deutschen Tellerrand hinaus zu erwägen... für sie spielt nur der Binnenraum eine Rolle, um den es bei diesem Streben nach "Einheit" aber gar nicht geht (sondern um die Weltkirche)! Provinzialismus par excellence!
- Und wieder dieses "befürchten"... das hat sowas mafiöses: "Ich befürchte, ihre körperliche Gesundheit wird in den nächsten Tagen schwer mitgenommen werden..."
- Merke: Ob der Priester das hoffentlich bald kommende vorgeschriebene Messbuch "nutzt", bleibt dem Priester überlassen. Finde den Fehler!
- Was hier zum Ausdruck kommt, ist ein absolutistischerer Klerikalismus, gegen den die Gegenreformation wie ein Kindergottesdienst wirkt. Der Priester entscheidet. Der Priester übt hier Macht aus... die ihm im Übrigen gar nicht zusteht!
- Ob die Piusbrüder anfangs auch so dachten?

Ziel einer erneuten Diskussion um das pro multis, worüber zu diskutieren ja bekanntlich insiofern sinnfrei ist, weil die Sache vorbei und endgültig entschieden ist, soll sein: 
»Schaden vom innersten Heiligtum der Eucharistie abzuwenden«.
 - Nunja... möglicherweise wird der Schaden groß sein... aber wenn hier etwas geschädigt wird, dann das goldene Kalb, dessen Anbetung hier propagiert wird!
 

Ansonsten war es bei der Lektüre recht erheiternd, wie die Notwendigkeit einer Katechese zum Messbuch (die der emeritierte Papst in seinem Brief zum pro multis angemahnt hat) regelrecht als etwas Irriges ins Lächerliche gezogen wird... Was auch mehr sagt, als den Autoren lieb sein dürfte: Offenbar sind sie nie in den Genuss einer Sakramentenkatechese gekommen... oder einer anständigen Liturgievorlesung...
Soweit dieser intime Blick in die Psyche deutscher "Aufbruchskatholiken"... ein besserer Begriff fiel mir nicht ein. Sorry.

In Memoriam H. U. v. B.

Heute vor 25 Jahren starb Hans Urs von Balthasar im Alter von 83 Jahren, kurz bevor er sich den Kardinalshut in Rom anholen konnte; eine Ehre, die er in Anerkennung für sein Lebenswerk verliehen bekam.

Mit P. Karl Wallner gesprochen, der vor ein paar Tagen (hier) ein schönes kleines Interview zu diesem Anlass gab:
»Balthasar war das letzte katholische Universalgenie. Dieser Schweizer Priester, der nie eine akademische Professur ausgeübt hat und nur ein literaturwissenschaftliches, kein theologisches Doktorat erworben hat, hat zwei Meter Buch hinterlassen! Er war einer der gebildetsten Intellektuellen, die die Kirche je hervorgebracht hat. Sein Werk ist so vielfältig und unüberschaubar, dass es – leider – auch beängstigend wirkt.
[...]
Balthasar ist einfach das Beste, was Theologie zu bieten hat, nicht nur wegen seiner sprachlichen Ausdruckskraft. Seine Theologie ist zutiefst biblisch und bezieht sich immer auf die Heilige Schrift. Sie ist zugleich philosophisch. Der Gedanke wird in seiner inneren Logik entfaltet, treibt von einem Schritt zum nächsten, sodass sich einem ungeahnte Zusammenhänge und Horizonte auftun. Wer Balthasar liest, verschließt sich nicht im Ghetto der Kirchentheologie, weil Balthasar in seinem Werk die gesamte europäische Geistesgeschichte – Literatur, Philosophie, Theater usw. – kommentiert. Und schließlich schätze ich an Balthasar, dass er hundertprozentig „katholisch” ist. [...] Wo es Balthasar um die Substanz geht, da redet er Klartext, aber auf höchstem Niveau. Und das ist wohltuend in all der Verwaschenheit und Substanzlosigkeit, an der die Theologie derzeit leidet.«

Dem kann ich mich nur anschließen... mag man auch zuweilen hadern, v.a. wenn es um Adrienn von Speyr geht (die aber gewiss nicht pauschal zu beurteilen ist!). Zu den "zwei Meter Buch" die er selbst verfasst hat, kommen noch an die zwei Meter dazu, die er übersetzt hat (z.B. verschiedene Kirchenväter und -lehrer, Paul Claudel, Louis Bouyer etc.) und weitere 3 bis 5 Meter, die er herausgegeben hat. Inzwischen gibt es übrigens auch ca. "zwei Meter Buch" über Hans Urs von Balthasar... 
Wann wird er eigentlich zum Kirchenlehrer erhoben? Vielleicht (hoffentlich nicht zu bald) zugleich mit Joseph Ratzinger?


R.I.P. Amen.

Dienstag, 25. Juni 2013

Theologen im "Dialog"...

Im Zeitalter der ständigen "Kontroversen" über bereits abschließend geklärte Sachverhalte, ist es schwer, den Überblick zu behalten...

Quizfrage an meine werten Leser: Auf welche "Kontroverse" bezieht sich der folgende Text? Ein Tip: Das ganze spielt nach dem letzten ökumenischen Konzil. Den Autor des Textes kann ich nicht nennen, weil man sonst Rückschlüsse auf das Thema ziehen könnte. Noch ein Tip: Der Zitierte Abschnitt bildet den Schluss eines längeren Textes. Der Gewinner bekommt einen Keks.


»Gerade jene, die nicht nur unentwegt "Dialog" und "Kommunikation" von anderen fordern, um ihre Meinungen ins Spiel zu bringen, sondern die zugleich den Weg vertiefter Wahrheitserkenntnis durch Studium, Nachdenken und Gebet abgelöst haben durch ein dauerndes sich-Stichworte-geben und diskursives Konsensmachen, gerade diese praktizieren mit Fleiß Kommunikations- und Dialogverweigerung denjenigen gegenüber, die das Mitmachen am Aufbau der Verweigerungsfront verweigern. Der heftig an anderen geforderte "herrschaftsfreie Diskurs" verkümmert zum Binnenritual von Gleichgesinnten. Andere werden, durchaus in Ausübung von sozialer Herrschaft, "exkommuniziert".
In der Sache ist zu beachten: die Kontestation beschränkt sich längst nicht mehr auf die Inanspruchnahme des klassischen Gewissensvorbehalts (unüberwindlich irriges, subjektiv lauteres Gewissen); auch stützt sie sich keineswegs nur auf die verbreitete, von den Kontestatoren aufgebaute und sorgfältig gehütete, Meinung, die Sache sei kontrovers, die Lehre nicht unfehlbar, das Gewissen könne also ggf. frei sein... Nein, dies alles wird strikt als zu kurz greifend abgelehnt. Man will eine öffentlich vertretene, lehrmäßige wie lebenspraktisch mindestens faktisch legitimierte, generell andere, zur authentischen Lehre konkurrierende Auffassung in der Kirche installieren. Die Irr-lehre soll in der Kirche personell, sozial und auf möglichst hoher Ebene etabliert werden, gleichsam Heimatrecht durchsetzen.«

antidemokratisches Evangelium

»Aber das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und der Weg dahin ist schmal, und nur wenige finden ihn.« 
(Mt 7,14)

Von Churchill stammt der Spruch: "No one pretends that democracy is perfect or all-wise. Indeed, it has been said that democracy is the worst form of government except all those other forms that have been tried from time to time."

Das heutige Evangelium ist wohl der biblische Beleg dafür, und so manche Länder, etwa Frankreich, geben sich gerade alle Mühe das zu beweisen, dass man mit Demokratie nicht in den Himmel kommt.
Bin ich froh, dass die Katholische Kirche keine Demokratie ist, sondern eine absolute Monarchie... Jesus Christus ist dieser absolute Monarch!


Nachtrag: Ein schöner (exgetisch vllt. nicht ganz korrekter) Gedanke, der mir heute begegnet ist: Das enge Tor ist nicht darum so eng, damit nur "Wenige" durchpassen, sondern damit nur "Weniges" durchpasst... nämlich nur wir, ohne all die Lasten, die wir mit uns rumzutragen gewohnt sind.

La Manif Pour Tous


La Manif Pour Tous en France

Montag, 24. Juni 2013

... berufen, Apostel zu sein


»Da sind die beglückend emporgewachsenen Hoffnungen des Priesterberufs, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Priester, die in großer Zahl - und doch niemals genug! - im reiche Gottes wirken, da die jungen Männer in den Seminarien, in den Ordenshäusern; da sind schließlich - warum auch nicht? sind nicht auch sie Christen? nicht auch sie berufen, Apostel zu sein? - die Studierenden auf den katholischen Universitäten; da sind die Hoffnungen all der anderen aufsteigenden Kräfte eines künftigen, noch nicht absehbaren Laienapostolates. Eines Apostolates, das sich ausbreitet, ungeachtet aller Schwierigkeiten und Hemmnisse, bis hinein in die Völker, die unter Verfolgungen zu leiden haben; dort opfert es und hört nicht auf zu opfern und ist so ein Schauspiel voller Trost, das zu Worten der Bewunderung und der Freude hinreißt. "Licht zur Erleuchtung der Heiden" (Lk 2,32), Herrlichkeit des auserwählten Volkes.«

Diese Prophetischen Worte, diese Hochschätzung und Betonung der Sendung der Laien, die nicht minder berufen sind, "Apostel zu sein" und "zu opfern", stammen vom seligen Papst Johannes XXIII (Geistliches Tagebuch, S. 388).

Interessant ist auch, woran er dies festmacht: Am Rosenkranzgebet.
Der Papst geht aus vom vierten Geheimnis des freudenreichen Rosenkranzes "... den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast." Die Opferbewegung Mariens sieht Johannes in der Kirche fortgesetzt, natürlich ist hier v.a. die Eucharistie gemeint . Aber er geht darüber hinaus und bezieht alle Gläubigen in diese Bewegung Mariens mit ein; alle Glieder der Kirche sollen Zeichen der Hoffnung sein, Trost spenden und zur Freude hinreißen.

Für Papst Johannes ist der Rosenkranz hierzu der Schlüssel. Ich kann ihn darin gut verstehen...

Sonntag, 23. Juni 2013

Paulus und die Frauen

Paulus wird ja bekanntlich alle Nase lang Frauenfeindlichkeit unterstellt. So mancher Neutestamentler schwingt gern diese Keule, um die Bedeutung und die Sympathie des "Spätberufenen" zu minimieren.

Eine zentrale Textstelle dafür ist ein zugegebenermaßen schwieriger Text aus dem Ersten Brief an die Korinther. Der Text ist in der gegenwärtigen Leseordnung fein säuberlich ausgespart worden. Ob er im alten Messbuch auftaucht, konnte ich noch nicht klären. Es geht um die Anweisungen des Paulus zum Verhalten der Frauen beim Gottesdienst (1Kor 11,1-16). Dieses "eigentliche Thema" lasse ich mal unberücksichtigt und kümmere mich nur um die erklärenden Einschübe.

»3 Ihr sollt aber wissen, dass Christus das Haupt des Mannes ist, der Mann das Haupt der Frau und Gott das Haupt Christi. [...]
7 Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Abbild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes.
8 Denn der Mann stammt nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann.
9 Der Mann wurde auch nicht für die Frau geschaffen, sondern die Frau für den Mann.« 

Diese Passage kann als hauptverantwortlich dafür gelten, dass in der Geschichte des Christentums die Frau lange Zeit "entwertet" wurde. Aber natürlich nicht nur dort, auch die säkulare Philosophie beherrscht dieses Spielchen; ein prominenter Vertreter ist hier sicherlich Arthur Schopenhauer.
Es ist eine Steile These, die Paulus hier bringt: Der Mann ist Abbild Gottes, die Frau "nur" Abbild des Mannes. Daraus zogen schon die Kirchenväter den Schluss, dass die Frau nicht Abbild Gottes ist (trotz der klaren Aussage in Genesis 1: Gott schuf den Menschen als Mann und Frau nach seinem Bilde). Man sah darin fast so etwas wie einen wesensmäßigen Unterschied zwischen Mann und Frau. Bis ins 20. Jahrhundert wurde so auch hauptsächlich die Unmöglichkeit einer sakramentalen Weihe von Frauen begründet (auf der Grundlage von Thomas).

Ich fühle mich nun genötigt, Paulus wiedermal in Schutz zu nehmen. Ein Versuch. Dass damit nicht alles geklärt sein wird, ist mir klar.

Verse 3 und 7. Steigen wir direkt ein mit der brisantesten Frage, nämlich wer hier Abbild Gottes ist und wer (angeblich) nicht. 
Zu sagen, Paulus behaupte, die Frau sei nicht Abbild Gottes, nur der Mann, scheint mir doch sehr oberflächlich und irrwitzig zu sein. Für Paulus ist die Beziehung Gottes zu seiner Schöpfung offenbar hierarchisch und mehrfach gestuft aufgebaut. In "absteigender" Linie wird das mit dem "(Ab)Bild von" oder "(Ab)Glanz von" angezeigt (im Griechischen steht hier doxa, was die Vulgata mit "gloria" wiedergibt), in "aufsteigender" Betrachtung mit  "Haupt von" (im Griechischen ist das kephale, Kopf). 
Ganz oben Steht für Paulus Gott (der Vater), der, von "unten" besehen, "das Haupt Christi" ist; in absteigender Sicht ist Christus dementsprechend "Bild des unsichtbaren Gottes" (Kol 1,15). Der Sohn, Christus, ist wiederum, so Paulus von "unten" in der aufsteigenden Perspektive, das "Haupt des Mannes" und der Mann dann folglich, von "noch weiter unten" betrachtet, das "Haupt der Frau". Von "oben" her betrachtet gilt dies umgekehrt in der Abfolge der "(Ab)Bilder".
Daraus kann man nun aber keineswegs schließen, dass die Fau nicht Christus zum Haupt hätte oder nicht sein Abbild sei, bloß weil Paulus in der Textkomposition noch je den Mann quasi dazwischengeschaltet hat.
Wollte sich die Frau beschweren: der Mann habe Christus zum Haupt, sie aber "nur" den Mann, oder: sie sei nur Abbild des Mannes und nicht etwas Bild Christi, so wäre das in etwa so, als würde sich der Mann beschweren, dass Gott Vater nur dem Sohn als Haupt gegeben ist, nicht aber ihm. Und als sei folglich er, der Mann, "nur" Abbild Christi, nicht aber auch Abbild Gottes des Vaters. Solch eine Beschwerde wäre aber Nonsens.

Die Lösung ist, dass diese angedeuteten "Stufen" offensichtlich nicht regelmäßig verlaufen. Zwischen Gott und Mensch, Vater/Sohn und Mann/Frau besteht ein Bruch, ein Abgrund geradezu. Zugleich besteht jeweils auf der menschlichen wie auf der göttlichen Seite dieses Abgrundes eine deutliche Verschrenkung der auf den ersten Blick scheinbar so schroff unterschiedenen "Stufen". Denn natürlich hat auch der Mann Gott Vater zum Haupt (wenn auch anders geartet, als Christus) und die Frau hat natürlich auch Christus zum Haupt.
Alle Menschen, Mann und Frau, sind nach der Lehre des Paulus gleichermaßen Abbild Gottes. Gottebenbildlichkeit bedeutet für Paulus immer Christusebenbildlichkeit. So kann Paulus sagen: "Denn die er vorher erkannt hat, die hat er auch vorherbestimmt, dem Bilde seines Sohnes gleichförmig zu sein" (Röm 8,29). Paulus glaubt sicherlich nicht, dass nur Männer von Gott erkannt wurden.
Wie eng diese Verschrenkung der scheinbar getrennten "Stufen" auf der Seite des Menschen sind, sagt Paulus in der selben Textstelle, in Vers 11 auch sehr deutlich: "Doch im Herrn gibt es weder die Frau ohne den Mann noch den Mann ohne die Frau." (1Kor 11,11)


Was die Verse 8 und 9 betrifft, so darf hier gleichfalls keine wesensmäßige Hierarchisierung und damit eine Abwertung der Frau herausgelesen werden, da diese Verse lediglich die Chronologie von Genesis 2 wiedergeben. Schließlich weiß auch ein Paulus, dass alle Menschen, auch die Männer, von Frauen geboren werden, also der Mann durchaus "von der Frau stammt". Und er sagt dies auch ausdrücklich und löst damit diesen kurzen Nachvollzug der Chronologie von Genesis 2 abrupt auf, wenn es in Vers 12 der selben Textstelle heißt: "Denn wie die Frau vom Mann stammt, so kommt der Mann durch die Frau zur Welt; alles aber stammt von Gott." (1Kor 11,12)

"Bild" bzw. "Abglanz des Mannes" (Vers 7) kann übrigens problemlos auch im Lichte dieser Chronologie gedacht werden. Und eben nicht so, als seien Frauen irgendwie weiter von Gott entfernt als Männer...
In Genesis 2 wird erzählt, dass Gott dem Menschen die Tiere zuführt, weil er nicht will, dass der Mensch alleine ist. Aber unter den Tieren findet er kein Gegenüber, nichts, was ihm "entspricht", kein Abbild. Gott schafft also, aus der Seite des Menschen, die Frau: Sie "entspricht" ihm, sie ist sein "Bild", sie ist Mensch wie er: "Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch." Der Mann erkennt sich in der Frau als Mensch und vice versa.
Eine Hierarchisierung kann man aus dem zweiten Schöpfungsbericht zwar herauslesen, man muss es aber nicht. Und tatsächlich wurde das in der jüdischen Tradition auch unterschiedlich getan. Paulus greift diesen Bericht auf, ohne damit eine Wertung zu verknüpfen. An anderer Stelle wird jedoch evident, dass Paulus gerade nicht "diskriminiert". Eine solche "Diskriminierung" würde seinem Denken ja auch völlig zuwiderlaufen (wie wir das auch heute in der zweiten Lesung hörten): »Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid "einer" in Christus Jesus.« (Gal 3,26-28)


Wie ist aber nun diese "Unter-" oder vielleicht besser "Nachordnung" der Frau zu erklären? Was sagt sie aus? Auch das ist weniger dramatisch, als es zunächst scheint.
Paulus erweist sich hier als Kind seiner Zeit und seiner jüdischen Kultur. Und er gerät dadurch keineswegs in Konflikt mit der Botschaft Jesu, dessen "Fraunfreundlichkeit" allzuoft deftig überzeichnet wird. Jesus hat ja keineswegs die bestehenden Geschlechterrollen abgeschafft (wer das anders sieht, möge mir die ensprechende Schriftstelle Zeigen). Jesus war außerordentlich offen und herzlich zu Frauen und gerade auch zu den notleidenden und "Unreinen". Er war gewiss auch von zahlreichen, wir wir heute sagen würden, "emanzipierten" Frauen umgeben, die ihm nachfolgten oder ihn (z.B. finanziell) unterstützen (vgl. Lk 8,1-3). Er hat dadurch so mache Konventionen gebrochen. Aber die damals übliche Stellung der Frau zum Mann zog er nicht in Zweifel. Das kann man beispielsweise andeutungsweise an dem sehen, was ich neulich im Zusammenhang mit der Frage nach der Ehescheidung erwähnte (hier): Eine Frau aus der Ehe zu entlassen heißt, so Jesus, sie dem Ehebruch auszuliefern: "Wer seine Frau aus der Ehe entläßt, liefert sie dem Ehebruch aus." (Mt 5,32) Denn um (etwa finanziell) überleben zu können, muss sie sich einen neuen Mann suchen. Dass die Dinge in der damaligen Gesellschaft derart geordnet sind, kritisiert Jesus nicht.
Dies gesagt, können wir das Urteil des Paulus in dieser Hinsicht nicht plump als "unchristlich" abtun, sondern müssen vielmehr sehen, dass das Christentum in dieser Hinsicht keine Revolution gebracht hat. Jesus war ein Jude unter Juden und Paulus nicht minder: "Ich wurde am achten Tag beschnitten, bin aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, lebte als Pharisäer nach dem Gesetz" (Phil 3,5). (Wesentliche Merkmale, die den Juden zum Juden machen: 1. Von einer jüdischen Mutter geboren. Check. 2. Unter dem Gesetz erzogen [v.a.: beschnitten]. Check. Paulus war Jude durch und durch. Jesus auch.)
Auf diesem, von seinem jüdischen Herkommen aus besehen selbstverständlichen Standpunkt, breitet nun Paulus in 1Kor 11 seine Ansichten (!) über das Verhalten der Frauen beim Gottesdienst aus. Und er verkündet hier übrigens auch schwerlich ein göttliches Gebot oder dergleichen... es hat eher was mit (jüdischer!) Gewohnheit und "gutem Ton" zu tun, was dadurch offensichtlich wird, dass er in seiner "Argumentation" dazu kommt zu sagen: "Urteilt bei euch selbst, ob es sich ziemt..." (1Kor 11,13). Paulus schließt denn auch seine Erläuterungen ganz locker ab, wenn er schreibt: "Ist aber jemand unter euch, der Lust hat, darüber zu streiten, so soll er wissen, dass wir diese Gewohnheit nicht haben, die Gemeinden Gottes auch nicht" (Vers 16).

Was uns aber die Ausführungen des Paulus mit ihren "Nachordnungen" dennoch lehren können ist dies: Der Gehorsam gegen Gott in Christus gilt absolut: "Alles hat er ihm zu Füßen gelegt und ihn, der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt." (Eph 1,22) Und dieser Gehorsam gilt auch im irdischen und alltäglichen Bereich: Da wo uns Gott will, wo er uns hinstellt. Sei es im priesterlichen Amt oder in der Ehe und der Familie. Der Gehorsam gegen Gott MUSS sich im konkreten Gehorsam gegenüber den Menschen äußern, wo wir diesen Menschen, und diese Menschen uns, zur Hilfe, zum Dienst, zur Liebe anvertraut sind. Das betrifft in besonderer Weise die Eheleute - und zwar alle beide! "Der Mann soll seine Pflicht gegenüber der Frau erfüllen und ebenso die Frau gegenüber dem Mann. Nicht die Frau verfügt über ihren Leib, sondern der Mann. Ebenso verfügt nicht der Mann über seinen Leib, sondern die Frau." (1Kor 7,3-4)

Paulus führt das in Eph 5,21-25 breit aus: 
»21 Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus.
22 Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn (Christus);
23 denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib.
24 Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen.
25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat«.

Der Schlüssel zum Verständnis ist hier der erste Satz: "Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus." Oder, wie Luther und die Elberferlder Bibel es übersetzen: "Ordnet euch einander unter". Paulus geht natürlich von einer Unterordung der Frau unter den Mann aus, wie es in seiner Zeit allgemein üblich war, aber er bringt insofern eine großartige Neuerung, als er eine Reziprozität einführt, die in seiner Umwelt sonst unbekannt ist. Diese Wechselseitigkeit, die letztlich auch den Mann zur "Unterordnung" unter die Frau verpflichtet, ergibt sich aus der Liebe, die alle Glieder des Leibes Christi für einander pflegen müssen: "Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den andern liebt, hat das Gesetz erfüllt." (Röm 13,8) 
Dass er diesen Aspekt in jenen Ausführungen über das Verhalten im Gottesdienst nicht benennt, mag schlicht daran liegen, dass dieses Verhältnis von Frau und Mann, wie schon gesgat, nicht Thema seiner Ausführungen ist; ihm geht es dort um das konkrete Geschehen beim Gottesdienst, nicht um den anthropologischen Unterbau. Anders, in der eben angeführten Stelle aus dem Epheserbrief.


Dass dieser schwierige Text nicht (mehr?) in der Perikopenordnung der römischen Messe auftaucht, ist auffällig. Es drückt sich darin aber wohmöglich eine gewisse Scham darüber aus, dass dieser Text jahrhundertelang dazu missbraucht wurde, der Frau regelrecht ihre Gottebenbildlichkeit abzusprechen; von ihrer Unterdrückung durch den Mann ganz zu schweigen.

Der Leerstuhl des Papstes

Gestern war wieder einmal ein Konzert im Vatikan (hier zu sehen und v.a. zu hören). Der Stuhl des Papstes blieb leer. 

Auf den Blogs brodelt es deswegen gerade mächtig. Und nicht nur diskutiert man die Gerüchte, denen zufolge der Papst die Veranstalter und Teilnehmer des Konzertes gestern absichtlich brüskiert habe. Nein: Man schüttet bei der Gelegenheit auch gleich mal all die Ressentiments aus, die man seit 100 Tagen aufgestaut hat. Ein Banause sei der Papst, ein Kunstverächter, ein Ungebildeter. Seine täglichen Predigten seien (im Vergleich mit den großen Festtagspredigten seines Vorgängers!) banal, seine Worte an die apostolischen Nuntien, denen zufolge er keine herrschaftlichen oder professoralen Bischöfe wolle, werden als Breitseite auf Benedikt uminterpretiert und und und...
Dass er die renitenten Ordensfrauen  in den USA zurechtgestutzt hat, die Treue zum Nachfolger Petri predigt, politisch Unkorrektes beharrlich ausspricht, bei jeder sich bietenden Gelegenheit dem Relativismus den Spiegel vorhält, die "alte" Messe als kostbaren Schatz anerkennt, ein unbedingtes "Ja" zum Leben proklamiert und vieles mehr - all das genügt den "benedikttreuen", die sich fälschlich als "papsttreu" betracht(et)en nicht. Sie wollen ihren Akademikerpapst zurück. Darum!
Ein Papst der nicht singt? Schlimmer noch: Ein Papst, der nicht promovierter Theologe ist? Bloß nicht! An anderen Tagen regen sich dann die selben Leute über die vielen häretischen doctores theologiae auf... 
Man heuchelt die Sehnscht nach einem treuen Hirten, nimmt es aber Franziskus übel, dass er genau dies nur sein will. Man sieht geradezu schon die Kathedra des Bischofs von Rom zu Kleinholz zerfallen...

Leute, wir sollten jetz' alle ma' wieder runter komm'n!


Mir ist es im übrigen gar nicht so unsympathisch, obwohl ich selbst durchaus für die Künste brenne, wenn der Papst seine Zeit "produktiver" d.h. für die Menschen einsetzt.
Wenn es Absicht war (und man beachte: wir kennen den Grund nicht!), dann zeigt das nur noch mehr sein unermüdliches und durchaus nonkonformistisches Engagement für die Menschen in jeglicher Not. Es kursierte ja schon kurz nach der Wahl jenes funfact, Kardinal Bergoglio habe den Ruf, sich bei derlei Anlässen und Empfängen nur so kurz wie möglich aufzuhalten. Damals fragte ich mich schon, was wohl passieren würde, wenn, wie so oft, der Pontifex wieder einmal ein Konzert geschenkt bekommt... Jetzt weiß ich es, und bin nicht überrascht.

Die Musik war trotzdem schön.

Eine Grundfrage zur Neuevangelisierung

Oft übersehen und doch im Zeitalter der Neuevangelisierung von großer Bedeutung. Jesus stellt uns allen, noch bevor er uns fragt, für wen wir ihn halten, die Frage:

»Für wen halten mich die Leute?«

Ja... für wen halten die Leute eigentlich Jesus? Jener eine einzelne Mensch, der vielleicht aus Neugierde, vielleicht bei einem Nightfever auf der Straße eingeladen in die Kirche kommt... Für wen hält dieser Mensch Jesus? Könnten wir Jesus seine Frage beantworten? 

Samstag, 22. Juni 2013

Fundstück: Das Spüren der Sünde

Beim Studium der Dekrete des Konzils von Trient über die Ursünde und die Rechtfertigung, stieß ich in Ersterem auf ein winziges Detail, das mir prompt die komplexe Materie versüßte: Bei der Beschreibung der Tatsache, dass auch die Getauften Sünder bleiben, schreiben die Väter des Konzils: 
»Dass aber in den Getauften die Begehrlichkeit bzw. der Zündstoff bleibt, bekennt und verspürt (sentit) dieses heilige Konzil«. (DH 1515) 

Das Dekret wurde in der ersten Junihälfte 1546 ausgearbeitet und man kann sich sehr gut vorstellen, wie die Konzilsväter im italienischen Sommer vor sich hinschwitzen... Was war noch gleich die Folge der Ursünde für den Mann? "Im Schweiße deines Angesichts, sollst du dein Brot essen" (Gen 3,19).
Meines Wissens findet sich nirgends sonst in irgendwelchen Konzilsakten eine so "persönliche Note".

Da scheint für mich sehr deutlich das immer auch menschliche Antlitz der Kirche durch. :)
Erwähnte ich schon, wie gern ich katholisch bin?


PS. Mein Dogmatik-Prof ließ einmal das folgende Aperçu zum Tridentinum verlauten (in Anlehnung an die Tatsache, dass der Papst nicht selbst teilnahm und deswegen ständig Post zwischen Trient und Rom hin- und herging): "Das Faszinierendste am Konzil von Trient ist, wieviele Pferde dafür totgeritten wurden."
... no comment

Die Relevanz der Bischöfe

Nun war ich ja schon am Beginn meines katholischen Weges Ratzinger- bzw. Papstfan und habe mir daher auch immer wieder seine öffentlichen Auftritte und die darin enthaltenen Predigten und Katechesen nicht entgehen lassen. Jede Woche gab und gibt es auch beim Nachfolger mindestens zwei Gelegenheiten dazu.

Immer wenn ich von manchen Theologen und Möchtegernkirchenvertretern höre, die Bischöfe sollten mehr Eigenverantwortung erhalten und weniger vom Papst abhängen, komme ich nicht umhin, mich zu wundern. 
Zunächstmal, weil immer so getan wird, als dürften die Bischöfe nicht einmal den Mund aufmachen, ohne vorher in Rom um Erlaubnis zu fragen. Was nicht stimmt. Zum anderen, und das ist hier das Thema, sehe ich ehrlich gesagt nicht, womit das gerechtfertigt wäre.

Mein Bischof z.B., Eminenz Dr. Robert Zollitsch. Von dem bekommt man nur sehr selten etwas mit. Etwa 50 Wochen im Jahr lebt es sich in der Erzdiözese ganz prächtig, ohne dass der EB irgend eine Rolle spielt. Ich sehe ihn häufiger morgens, wenn er gerade aus seinem Haus kommt, als (auch vermittels Medien) in seiner Funktion als Bischof. Und wenn das dann doch mal passiert, hat er wiederum nur sehr selten etwas sinnvolles zu sagen (in sieben Jahren habe ich exakt zwei sinnvolle und aufrüttelnde Predigten von ihm gehört... können tut er es also... theoretisch). Den Papst im fernen Rom sehe, höre und lese ich jede Woche und ich nehme jedes Mal etwas mit im Herzen und im Kopf. Soll das etwa so sein?

Was ich sagen will: Wenn die Bischöfe mehr zu sagen haben wollen, dann müssen sie erst mal anfangen etwas brauchbares zu sagen! Bevor man anfängt, die von Gott gestiftete hierarchische Verfasstheit der Kirche (die auch Papst Franziskus bisher seinen Hörern sehr deutlich eingeschärft hat) zu zerpflücken um den Bischöfen vermeintlich mehr Relevanz und Einsatzfähigkeit zu verleihen, sollten die werten Herren Bischöfe gefälligst anfangen, sich relevant zu machen und Einsatz zu zeigen! Eine gähnend langweilige, lasche, nichtssagende und allen irgendwie genehme Rede alle paar Wochen reicht nicht! Ein Auftreten ohne Ecken und Kanten das sich an nahezu jede Meinung anschmiegt verdient gar keine Relevanz. Das Hasten von Gremium zu Gremium, von Sitzung zu Sitzung und das Dialogisieren, wo es nichts zu dialogisieren gibt, ist eben nur sehr bedingt ein Einsatz für die Menschen. Und Interviews, die die katholische Identität beharrlich verschweigen (hier), gehen gar nicht.
Wenn die Bischöfe wollen, dass ihre jeweilige Ortskirche sie als Hirten überhaupt wahr- und dementsprechend ernstnimmt, dann sollen sie bitteschön auch als Hirten handeln! Allein schon die beständige Sichtbarkeit des Hirten kann eine Herde beisammen halten.

Bischöfe sollen ermahnen und ermutigen, sie sollen sich einmischen, unbequem und v.a. DA sein. Sie sollen lehrend und fürsorglich auftreten und nicht nur von Gremium zu Gremium tänzeln (deren Vermehrung mein EB infolge der Diözesanversammlung fleißig zu betreiben scheint)... und Kunstwettbewerbe veranstalten. Ein Bischof soll Widerständen standhalten und die Herde stärken; sie verteidigen gegen die Wölfe von Außen und die schäflich umgarnten Karnivoren im Innern.
Die Ausrede, es sei ja die Abhängigkeit von Rom, welche die Bischöfe erst zu den violetten Verwaltungsbeamten die sie sind werden ließ, halte ich für Nonsens, da es genug Beweise für das Gegenteil gibt (also Bischöfe, die offenkundig keine reinen Verwaltungsbeamten sind). Der Wohlstandsstruktursumpf gerade in Deutschland ist das Problem.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier in Freiburg, sollte einmal ein absolutistisches Regime an die Macht kommen, sich die Gläubigen mit ihrem Bischof im Dom verschanzen würden um ihn vor der Deportation zu schützen... die meisten würden ihn vermutlich gar nicht auf der Straße erkennen und sein Fehlen wenn überhaupt erst an Fronleichnam bemerken... Wobei es bei der gänzlichen Unauffälligkeit des gegenwärtigen Bischofs vermutlich erst gar nicht zu solch einer Deportation käme...
Das "Aufrüttelndste", was ich im Verlauf der letzten Jahre von meinem Bischof mitbekommen habe war, dass er die neuen Pastoral- und Seelsorgeeinheitspläne jedesmal über Bord geworfen hat, just nachdem wir in monatelangem Ringen auf Pfarreiebene und zwischen den Pfarreien endlich damit zurande gekommen waren. So kann man natürlich auch die Ehrenamtlichen beschäftigen... und bürokratisch verheizen.
Ist das Hirtensorge?

Wenn die Hirten sich ihrer Herde zeigen und so beweisen würden, dass sie eine Daseinsberechtigung jenseits der Bürokrartie haben, dann werden wir ja sehen, wie nötig und v.a. berechtigt eine Reform der gesamtkirchlichen Verfassung wirklich ist. Eine gewisse Dezentralisierung wäre sicherlich nicht einfachhin schlecht... wenn nur, ja wenn nur der örtliche Hirte sich auch wirklich als ein solcher erweisen würde! Aber leider beweisen gerade auch die deutschsprachigen Bischöfe, wie nötig der Primat Roms ist... andernfalls ginge es bei uns vermutlich genauso drunter und drüber wie in der EKD... ein befreundeter evangelischer Theologe spricht mir zuweilen seinen Neid aus, weil wir Katholiken so ein überaus sinnvolles ständiges Korrektiv, einen beständigen Mahner und Ermutiger (d.i. Papst) haben, der den Protestanten schlicht fehlt.


Übrigens: Auch vor über 1600 Jahren hatte es ein Bischof nicht leicht...
»Du darfst dich nicht darüber wundern, daß du unter Prüfungen und Hindernissen den Thron übernehmen mußt. Mit allem Großen sind Heimsuchungen und Prüfungen verbunden. Es ist naturgemäß, daß geringfügige Dinge sich mit leichter Mühe, Großes dagegen mit vieler Anstrengung erreichen läßt. Du hast das Wort gehört: „Unter vielen Trübsalen müssen wir in das Himmelreich eingehen.” (Apg 14,21) Auch du sollst sagen: „Durch Feuer und Wasser sind wir gegangen; aber du hast uns zur Ruhe geführt.” (Ps 65,12) Wie wunderbar: „Am Abend herrscht Wehklagen, am Morgen Jubel.” (Ps 29,6) [...] Lehre Gott, den Vater, Gott, den Sohn, Gott den Heiligen Geist in drei Personen und in der einen Majestät und Herrlichkeit anbeten! Suche das Verlorene, stärke das Schwache, erhalte das Starke (vgl. Ez 34,4)! [...] Von den höheren Führern sollst du eine noch bessere Waffenrüstung erhalten, welche dich befähigt, „die feurigen Geschoße des Bösen zu löschen” (Eph 6,16) und dem Herrn ein vollkommenes Volk, ein heiliges Geschlecht, ein königliches Priestertum (1 Petr 2,9) vorzuführen in Christus Jesus, unserm Herrn, dem die Ehre sei in alle Ewigkeit! Amen.«
(Aus der Rede von Gregor von Nazianz, siehe Bild, an den Bischof Eulalius zu dessen Bischofsweihe)

Freitag, 21. Juni 2013

Ein absurder Aufbruch


Die Quellen der kirchlichen Lehre (und also des Glaubens dieser Kirche und ihrer Glieder) sind die Bibel und die Tradition. Bei der Tradition kann man drei Teile Unterscheiden: 1. Die Lehre der Kirchenschriftsteller, besodners der Kirchenväter und Kirchenlehrer, 2. die Lehrtradition, v.a. in Form von Konzilien, päpstlichen Schreiben oder Katechismen, und schließlich 3. die Liturgie.

Die Liturgie ist eine Quelle der Lehre der Kirche. Sie ist zwar keine Offenbarungsquelle, aber sie ist doch hinreichend insofern, als man, theoretisch, allein anhand der Gesamtheit der approbierten liturgischen Texte (Gebete, Präfationen, Anrufungen, Segensformeln, Hymnen, Antiphonen etc.), ohne Katechismen oder sonstetwas zu konsultieren, die gesamte Glaubenslehre erfahren könnte.
Die Kirche betet, was sie glaubt und sie glaubt, was sie betet.

Das Zentralmassiv dieser liturgischen Texte war und ist das Messbuch der römisch katholischen Kirche. Weshalb sich ja auch Bonifatius, der Apostel der Deutschen, sehr darum bemühte, ein römisches Messbuch mit auf seine Mission zu nehmen, und warum Karl der Große mittels des römischen Missales nicht wenig zur Vereinigung des Abendlandes beitrug. (Leider enthält das aktuelle deutsche Messbuch zahlreiche gravierende Fehler [z.B. dies], weshalb schon seit Jahrzehnten an einer Neuübersetzung gearbeitet wurde, welche inzwischen abgeschlossen und von Rom abgesegnet ist.)

Der Text des aktuellen Freiburger Ungehorsamsaufrufs (s. hier) - der, obzwar er sich nicht so nennt, mit seiner "Befürchtung einer Spaltung" jedoch wenig subtil genau mit dieser Spaltung unverwunden droht - dieser Text offenbart in ungeahnter Freizügigkeit etwas Erstaunliches: Die Existenz einer eigenen Religionsgemeinschaft mitten in der Körperschaft des öffentlichen Rechts "Katholische Kirche in Deutschland".

Eine andere Erklärung will mir nicht einfallen, wenn die Unterzeichner des Aufrufs fabulieren, dass sie "hin­ter [den Textformulierungen] nur schwer ste­hen kön­nen", und sie vollmundig bekunden: "Wir kön­nen nur das glaub­wür­dig wei­ter­ge­ben, was wir selbst glauben."
Das heißt doch aber nichts anderes als: Das was im Messbuch der römisch katholischen Kirche (im Original!) steht, das glauben wir nicht.
Oder irre ich mich?

Liebe Aufbrüchler: Wenn ihr nicht glaubt, was die Kirche glaubt, dann seid so ehrlich und haut endlich ab! Niemand zwingt euch, dieser Kirche anzugehören.

Das Ganze ist, wiedermal, ein lächerliches Schauspiel. Hier geht es nicht um Wahrheit oder Redlichkeit. Es geht nur um das Brüllen an sich. Es ist der neue Konservativismus, der sich an das "Erreichte" klammert mit aller Macht und der kein Iota aufzugeben gewillt ist von der schönen Bausatz-Wunderwelt, die man sich geschaffen hat. Dass man überhaupt so sehr auf dieser einen speziellen Übersetzung des Messbuches beharren kann, zeigt so einiges:
Es offenbart einen bemerkenswerten Provinzialismus, der sich in einem Nischenglauben äußert, der nur im Geltungsbereich dieser Übersetzung anzuztreffen ist. Und es offenbart die Unzulänglichkeit dieser Übersetzung, da sie offenbar einen solchen Nischenglauben ermöglicht, und also die Notwendigkeit einer Korrektur, sprich: die Einführung der neuen Übersetzung.

Die Unterzeichner stellen sich selbst ins Abseits der Weltkirche. Diese schreitet ohne sie weiter.
Und die Dreistigkeit und Hinterlist trieft aus jeder Pore. Der den Text des Aufrufs abschließende "Vorschlag" der Einführung einer "Studienausgabe" ist ziemlich plumpe Augenwischerei: Seit Jahren zögern die deutschen Bischöfe die Implementierung des neuen Messbuches hinaus. Nun ist es endlich approbiert und fertig, und vermodert schön weiter in irgend einer Schublade. (Nicht einmal die Herausgabe eines Überklebsels "für viele" bringt man fertig, obwohl es vor einigen Jahren völlig problemlos möglich war, alle "Brüder" und "Söhne" in altehrwürdigen Liedern im Gotteslob zu überkleben, um auch ja nicht diskriminierend zu erscheinen... Kulturzensur ist nichts Neues.)
Jetzt eine Studienausgabe zu verlangen und einen "offenen Dialog" führen zu wollen bedeutet nichts anderes als: Das ganze Hickhack der letzten Jahrzehnte nochmal von Vorne zu beginnen. Es kann eigentlich nur die eine Agenda dahinter stehen: Verzögerung.
Direkt ins Gefängnis, nicht über Los.
Dass man keinen Dialog will, sondern an der bestehenden, nicht selten verfälschten Übersetzung festhalten will und v.a. das Wesen der Eucharistie (weiterhin) beharrlich leugnen will ("Opfersprache"), stellt der Text ja ohnehin offen heraus. Diese Leute haben m.E. den Boden des katholischen Glaubens verlassen.


Ich kann es nur als Realsatire werten, dass man sich zwar mit "Ein notwendiger Aufbruch" übertitelt, man sich dann aber die Verhinderung eines Fortschreitens (das gerade die ganze Weltkirche vollzieht!) zum Ziel setzt. Brecht auf, indem ihr bleibt, wo ihr seid!


Nachtrag (29.06.):
Inzwischen sind es 146 Unterzeichner. Scheint nicht viel mehr zu werden. Der Trend im Vergleich mit den vorherigen Initiativen ist merklich rückläufig (beim Memorandum waren es ca. 300, beim Ungehorsamsaufruf vom letzten Jahr um die 200). Zu beachten sind auch die vielen emeritierten und pensionierten Unterzeichner...

Zum Staunen kann es demgegenüber verführen, wenn man bemerkt, dass fast ein Fünftel der Unterzeichner ständige Diakone sind. Warum Staunen? Naja: Mit welchem Recht unterzeichnen die denn eigentlich diese Erklärung? Man kann die Diakone hierbei eigentlich nur als Stimmvieh klassifizieren.

In der Erklärung heißt es: "Für uns Pries­ter und Dia­kone wird es besonders schwie­rig, wenn wir Text­for­mu­lie­run­gen benut­zen sol­len, hin­ter denen wir nur schwer ste­hen kön­nen..." Nun zeige man mir bitte diese Texte, die der Diakon aus dem Messbuch zu sprechen hat und hinter denen er nicht stehen kann! Abgesehen von "Geheimnis des Glaubens", "Der Friede sei mit euch" und "Gehet hin in Frieden" gibt es da nämlich nichts... Der Diakon hat nämlich mit dem Messbuch nichts zu tun!
Noch deutlicher kann man Heuchelei (oder Dummheit?) gar nicht in Worte fassen...


Ich bin jedenfalls gespannt, was der Erzbischof jetzt macht... im grunde ist die Aktion ja bereits dadurch quasi abgesegnet, dass an dem Treffen, aus dem dieses Papier hervorging, die Dom­ka­pi­tu­lare Peter Kohl und Andreas Möhrle sowie der Pressesprecher des Erzbistums, Robert Eberle, anwesend waren (womit man sich auch durchaus brüstet).

Freiburger Ungehorsam 2.0

Die Priester und Diakone, die letztes Jahr den Aufsta... äh: Aufbruch probten, legen nach (hier):
»Ein­dring­li­che Bitte an Erz­bi­schof Dr. Robert Zol­litsch, das der­zeit geplante „Neue Mess­buch“ nicht in Kraft zu setzen«
Die selben Leute wie damals, nur diesmal geht es um das neue Messbuch... das noch nicht einmal da ist! Vorauseilender Ungehorsam.

Und es ist SOO witzig: Man heult und weint, redet von "Betroffenen", von Gewissensnot und von eine regelrechten Bedrohung des Glaubens der Gläubigen.
Man befürchtet "eine Spal­tung inner­halb der Pries­ter­schaft" und merkt dabei nicht, dass man mit der eigenen Initiative haargenau dies tut.

Dem neuen Messbuch, das ja, nota bene, nur eine getreuere Übersetzung des allgemein gültigen und vorgeschriebenen Messbuches der einen katholischen Kirche ist, wird unterstellt, einen anderen Glauben zu propagieren und die Gottesbeziehung der Menschen zu unterminieren. LOL!

Vor allem stelle ich mir die Frage: Why bother? Die Leute, die hier plärren, sind genau die Leute, die sowieso nicht nach Rubriken, sondern nach Belieben die Messe feiern. Die halten sich sowieso an nichts, egal wie die Rubriken oder die Übersetzungen lauten...


PS. Nur son Gedanke: Die letzte Gruppierung, die sich gegen die Einführung eines "neuen" Messbuches wandte, kennen wir heute als Piusbruderschaft.

PPS. Fortsetzung hier.


Nachtrag (27.06.): Interessantes Detail: Einer der maßgeblichen Köpfe hinter dem Aufruf, der Freiburger Pfarrer Konrad Irslinger, hat in seiner Pfarrei das "Herr ich bin nicht würdig..." abgeschafft und durch "Herr, ich danke dir, dass du mich würdig gemacht hast" ersetzt. In der Erklärung "Kirche 2013" spiegelt sich das deutlich wieder, wenn es dort heißt: Christus habe "uns wür­dig gemacht [...] am Kreuz durch seine Lebenshingabe". Zu bemerken ist hierzu, dass zum einen die Erlösungstat Christi überhaupt keine Rolle mehr spielt (wir wurden nicht erlöst, wovon auch?, sondern lediglich "würdig gemacht"), zum anderen aber eine durchaus gravierende Anmaßung geschieht, indem man sich de facto selbst für würdig erklärt... dekretiert vom Pfarrer.

Donnerstag, 20. Juni 2013

Zeichen der Zeit

»Die Zeichen der Zeit zu erkennen und sie im Lichte des Evangeliums zu deuten heißt: die Zeichen der Zeit zu erkennen und sie im Lichte des Evangeliums zu deuten; nicht: das Evangelium zu erkennen und es im Lichte der Zeichen der Zeit zu deuten.«
(Ursula Nothelle-Wildfeuer, Professorin für christliche Gesellschaftslehre in Freiburg)

Samstag, 15. Juni 2013

Ehescheidung und Ehebruch

Ausgehend von der Evangelienperikope, hat der Zelebrant gestern eine Predigt gehalten, in der er im Grunde gesagt hat "Ich scheisse auf das Lehramt!" Besonders bestechend war die grottenschlechte Exegese die er betrieben hat (der Zelebrant ist übrigens Professor für Altes Testament, er sollte sich also mit Exegese auskennen), die ich nur als eine Vergewaltigung des Textes bezeichnen kann. Schlussendlich ließe sich die Predigt als ein Aufruf zum Ehebruch summieren. Gewürzt mit viel Hohn und Spott und recht dümmlicher Polemik gegen das kirchliche Lehramt, besonders was die Gesetze göttlichen Rechts betrifft.

In der (langen) Predigt war so viel falsch, halbwahr und verdreht, dass es schwer ist, überhaupt nur anzufangen, sie zu entlarven. Ich werde mich daher auf die am Beginn der Predigt vorgenommene Exegese der betreffenden Schriftstelle konzentrieren. (Ich mache hier also keine umfassende Evangelienauslegung, Brautmystik, Sakramentenlehre, kirchenrechtliche Erläuterung oder einen Beitrag zum aktuellen gesellschaftliche Disput. Ich urteile auch nicht über Scheidung und Ehebruch. Es geht mir mal nur um bestimmte Worte Jesu, wie sie uns die Evangelien überliefern.)

Die Position des Predigers ist schnell umrissen: Wenn man das Augeausreißen und Handabhacken nicht wörtlich nimmt (was niemand tut), mit welcher Berechtigung meint dann das kirchliche Lehramt, die Aussage zur Ehescheidung wörtlich (und darum als "göttliches Recht") nehmen zu dürfen? Und: Jesus habe hier in Mt eine Ausnahme ("Unzucht") zugelassen, was in den parallelen Überlieferungen (Mk, Lk) nicht der Fall sei, ergo könnten wir gar nicht wissen, was Jesus "wirklich" gesagt hat. 
Es handelt sich um ein exzellentes und durchaus repräsentatives Beispiel dafür, wie gängigerweise die Schrift mit reichlich Kreativität und Arglist für die eigene Agenda missbraucht wird. 

Zunächst der Text (Mt 5,27-32):

»Ihr habt gehört, daß gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.
Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.
Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder verlorengeht, als daß dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.
Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg! Denn es ist besser für dich, daß eines deiner Glieder verlorengeht, als daß dein ganzer Leib in die Hölle kommt.
Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entläßt, muß ihr eine Scheidungsurkunde geben.
Ich aber sage euch: Wer seine Frau entläßt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.«


1. Das Thema der Perikope ist der Ehebruch. Nicht, wie ich zeigen werde, die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer Ehescheidung oder gar einer Wiederheirat. Es ist außerdem ziemlich offensichtlich, dass Jesus in der ganzen Perikope nur Männer anspricht: "Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht" und "Wer seine Frau aus der Ehe entläßt". Jesu Erläuterungen betreffen also Männer. Und zwar geht es konkret darum, auf welche Weise Männer schuldig werden unter der Überschrift "Ehebruch". Wie wir noch sehen werden, will die Perikope uns, wie gesagt, nicht darüber in Kenntnis setzen, ob oder wann eine Ehe unauflöslich ist. Es wird vielmehr bereits vorausegesetzt, dass sie unauflöslich ist!

2. Jesus faltet dieses Thema (das Schuldigwerden des Mannes unter dem Titel "Ehebruch") in zweierlei Hinsicht auf. Zunächst: Inwiefern der Mann selbst des Ehebruchs schuldig wird. Nämlich: "Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen." Das bedarf wohl keiner Erläuterungen... es ist eindeutig.

3. Zur Rede vom Augeausreißen und Handabhacken: Zu sagen, diese Rede sei nicht wortwörtlich zu verstehen, und darum sei auch jene andere Rede vom "Ehebruch durch Ehescheidung" nicht wörtlich zu nehmen, entbehrt jeder Substanz. Und es ignoriert völlig den nun einmal gegebenen Text. Es ist eigentlich recht simpel: Der vorliegende Text ist eine Zusammenstellung zweier Aussagen, die sich einer klassischen und durchaus nicht außergewöhnlichen antiken Argumentationsweise bedienen: "Es ist gesagt worden... Ich aber sage euch". Den verkrassenden Beispielen mit dem Augeausreißen und Handabhacken kann, da sie offensichtlich "nachgeordnete" Verdeutlichungen zur ersten Aussage sind und nicht Teil der Argumentation selbst, unmöglich die gleiche Qualität zugesprochen werden, wie den in jenen Argumentationen beschlossenen Positionen Jesu.

4. Aber selbst, wenn wir diesen literarischen Aspekt ignorieren: Dass Jesus sich zuweilen "hyperbolisch" ausdrückt um seinen Punkt zu machen, ist nicht ungewöhnlich. Die die Perikope abschließende Erklärung zur Entlassung aus der Ehe ist aber, für jeden Leser sofort erkennbar, keine solche Hyperbel. Eine unterschiedliche Wertung dieser jeweiligen Verse ist also keine willkürliche nachträgliche Konstruktion (des Lehramtes), sondern der Text verlangt sie. 

5. Dass die Rede vom Augeausreißen und Handabhacken eine andere Qualität hat als die Rede vom "Ehebruch durch Ehescheidung" ist evident, allein schon von der Aussagerichtung her: Während das Augeausreißen und das Handabhacken konkrete (hyperbolische) Handlungsanweisungen sind, ist die Feststellung des "Ehebruchs durch Ehescheidung" eben genau dies: eine Feststellung. Diese Verse müssen also unterschiedlich gewertet werden! Was es nun mit diesen Handlungsanweisungen auf sich hat, soll hier nicht näher thematisiert werden.

6. Kommen wir zur zweiten Aussage. Wie bereits gesagt, geht es in dieser Perikope darum, wie der Mann unter der Überschrift "Ehebruch" schuldig werden kann. In der ersten Aussage ging es um den "konkreten" Ehebruch des Mannes: Er "hat... schon Ehebruch mit ihr begangen." In der zweiten Aussage geht es nur scheinbar um den Ehebruch der Frau... in Wirklichkeit geht es nach wie vor um das Schuldigwerden des Mannes: Wer seine Frau verstößt, liefert sie dem Ehebruch aus. Dem Mann fällt also die Schuld zu, die Frau in die Sünde getrieben zu haben, wenn er die Frau, ohne ihr zutun, verstößt und sie sich dann einen neuen Mann suchen muss. Das ist es, was Jesus seinen (männlichen) Zuhörern vermitteln will: Schuldbewusstsein.

7. Nochmal: Eine Frau aus der Ehe zu entlassen (was nur der Mann tun konnte, und zwar auch ohne das Einverständnis der Frau) heißt, so Jesus, sie dem Ehebruch auszuliefern: "Wer seine Frau entläßt, liefert sie dem Ehebruch aus." Denn um überleben zu können, muss sie sich einen neuen Mann suchen. Das ist der Hauptsatz. Es gilt also: Ist die "Bedingung" des Ehebruchs (der "Unzucht") auf Seiten der Frau nicht bereits vorher gegeben, wird die Frau durch die Scheidung dem Ehebruch ausgeliefert.

8. Die Klausel "obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt" kann nun aber definitiv nicht dahingehend gedeutet werden, dass beim Vorliegen von "Unzucht" eine Scheidung gerechtfertigt ist, denn: Wenn die Scheidung ohne vorausgehenden Ehebruch ("Unzucht") die Frau dem Ehebruch ausliefert, dann ist es nur logisch zwingend, dass eine Verstoßung der Frau durch den Mann im Falle eines bereits vorliegenden Ehebruchs, die Frau nicht dem Ehebruch ausliefert, denn diesen begeht die Frau ja schon vor der Scheidung, nämlich durch ihre "Unzucht" (ein torafrommer Mann darf sich einer unzüchtigen Frau nicht einmal mehr nähern!).

9. Man könnte es so formulieren, wollte man die scheinbare Ausnahmeklausel als eigenen Satz fassen: "Wer eine Frau, die bereits im Ehebruch lebt, aus der Ehe entlässt, liefert sie nicht dem Ehebruch aus (denn den begeht sie ja bereits)." Die Ausnahmeklausel ist also nur insofern eine Ausnahme, als sie, im Rahmen des Themas der Perikope (das Schuldigwerden des Mannes), klarstellt, das der Mann in diesem speziellen Fall nicht selbst schuldig wird: Der Mann liefert die Frau in diesem Fall nicht dem Ehebruch aus, weil sie diesem von sich aus bereits begangen hat!

10. Wenn überhaupt, dann ist hier von Jesus nur die Möglichkeit eingeräumt, dass der Mann sich nicht dahingehend schuldig macht, seine Frau dem Ehebruch ausgeliefert zu haben, wenn sie diesen Ehebruch bereits vorher verübte. Man kann also höchstens eine Trennung (wie sie auch vom Kirchenrecht her möglich ist) als Möglich ansehen. Eine "zweite Ehe" ist damit aber keinesfalls zu rechtfertigen. Wieso sollte sonst, wenn keine Ehebruch vorliegt, die Frau durch die Scheidung dem Ehebruch ausgeliefert werden? Laut Jesus kommt es in jedem Fall zum Ehebruch bzw. der Gefahr desselben: Entweder vor der "Scheidung" (jener "Fall von Unzucht"), oder danach (in Form der "Auslieferung" durch den Mann). Ergo wäre selbst die "Scheidung" keine Auflösung der Ehe - sondern diese bleibt in jedem Fall bestehen.

11. Der Sachverhalt, also der komplette Satz, ergibt nur dann einen Sinn, wenn Jesus die absolute Unauflöslichkeit der Ehe bereits voraussetzt! Jene Klausel in Mt 5,32 ist keine Ausnahmeregelung. Der komplette Satz setzt voraus, was in Mk 10,11f und Lk 16,18 gesagt wird: »Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch; auch wer eine Frau heiratet, die von ihrem Mann aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.«

12. Es handelt sich hier m.E. nicht um unterschiedlichen Überlieferungen des selben Logions, weswegen es als unsicher gelten könnte, was Jesus "wirklich" gesagt hat. Es sind vielmehr durchaus sehr verschiedene Aussagen. Während Lk 16,18 und Mk 10,11f klipp und klar sagen, dass jede "Zweitehe" einen Ehebruch darstellt (die "erste Ehe" also bestehen bleibt!), behandelt Mt 5,32 nur das Schuldigwerden des Mannes in zweifacher Hinsicht und setzt jene anderen Aussagen, die Unmöglichkeit einer "Zweitehe", voraus: "Wer seine Frau entläßt liefert sie dem Ehebruch aus." Dieser Satz wäre nonsens, wenn nicht die absolute Unauflöslichkeit der ("ersten") Ehe vorausgesetzt wäre. Möglich, dass es sich hier um matthäisches Sondergut (also aus einer separaten Überlieferung stammend) handelt.

13. Noch eine Anmerkung zur Frage nach dem "göttlichen Recht": Dass es sich hier um "göttliches Recht" handelt, erschließt sich aus dem Zusammenhang dieses Logions wie es in Mt 19,9 deutlich wird (vgl. auch Mk 10,2-12): Während nämlich der Scheidungsbrief des Mose eindeutig kein göttliches Gesetz war, sondern etwas, was der Mensch Mose dem Volk gewährte (5 Mo 24,1), bezieht sich Jesus für seine Verschärfung auf den Schöpfungswillen Gottes: "Am Anfang war das nicht so" (Mt 19,8; Mk 10,6: "Am Anfang der Schöpfung..."). Er setzt also der erst späteren, rein menschlichen Praxis, die ursprüngliche Schöpfungsordnung entgegen. Note bene: Es ist der Gott im Fleisch, der dies tut!

14. Wenn wir jetzt hergehen und sagen: "Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht keinen Ehebruch; auch wer eine Frau heiratet, die von ihrem Mann aus der Ehe entlassen worden ist, begeht keinen Ehebruch.", dann muss uns klar sein, dass dieses unser Statement der 4 (Vier!) Mal (ausdrücklich oder vorausgesetzt) von den Evangelisten überlieferten und durchaus unzweideutigen Anweisung Jesu diametral entgegen läuft.

15. Was, wenn es stimmt, was uns die Evangelien mehrfach direkt und indirekt überliefern? Was, wenn jede "weitere Ehe" ein Leben im dauernden Ehebruch, also in schwerer Sünde, gleichkommt? Wie klug wäre es dann im Hinblick auf das Seelenheil der Betroffenen, ihnen zu erzählen, das mit der zweiten oder dritten Ehe sei "schon O.K."? Wollen wir die gleiche Ausrede dann auch bei allen anderen Geboten als Fußnote hinzufügen?