Montag, 14. Januar 2013

Gegen die Anfechtung des Wesentlichen

Der so genannte Hebräerbrief ist an Christen gerichet, die Anfechtungen ausgesetzt sind. Keine äußeren Anfechtungen, wie sie Paulus reichhaltig beschreibt, ist gemeint, sondern eine viel heimtückischere und unscheinbare: Die innere Anfechtung. Worum es geht ist der Zweifel am Bekenntnis, ist die Ermattung der Wahrheit, das Wanken und Verschwimmen des Kerns der christlichen Botschaft.
Zu diesem Kern des Christlichen führt uns der unbekannte Autor (sicher wissen wir eigentlich nur, dass es nicht Paulus ist) in diesem "ersten theologischen Traktat" in der Geschichte des Christentums (wenn es ein Brief ist, dann nur ein Fragment, denn es fehlen Absender- und Empfgängerangaben sowie Begrüßung und Einleitung; er beginnt in medias res).

Jene Kernwahrheit des Christlichen lautet: Gott ist für uns, für die Vergebung unserer Schuld, gekreuzigt worden. Dieser für einen Judenchristen (Hebräer = Juden!) unwahrscheinlich schwierige Satz, ist nicht nur in der jüdischen Geisteswelt die schlimmste Blasphemie überhaupt, sondern im Grunde ein Widerspruch, und er steht zu den Erwartungen, Wünschen und Gedanken eines Juden im krassesten Gegensatz. So wie wir Christen alttestamentliche Prophezeihungen auf Jesus hin deuten und sie erfüllt sehen, so sah (und sieht) der Jude darin nur einen widerspruch, denn mag zwar der "Knecht Gottes" leiden und sterben, so ist doch eines klar: der Knecht Gottes ist eben genau dies; ganz sicher ist er aber nicht Gott!
Es drängt sich darum für den Judenchristen die Frage auf: Was hab ich davon? Was bringt es mir, wenn, nur mal angenommen, da tatsächlich Gott gekreuzigt wurde? Was ist der Gewinn dessen, was Jesus getan hat, gegenüber dem, was der Gott Isreals tut?


Sehr traurig ist es, wenn man dieser Tage beobachten kann, wie alle paar Monate ein neues Buch erscheint, das ein "Umdenken" fordert, oder - wie das Machwerk des unausstehlichen Hubertus Halbfas von 2011 ungeniert im Untertitel - skandiert "Warum sich das Christentum neu erfinden muss". Dass hier insinuiert wird, das Christentum sei bloß menschliche Erfindung (und könne folglich nach Belieben umgemodelt werden) ist eigentlich durchweg zynisch im Hinblick auf den Buchtitel "Glaubensverlust".
Allen diesen Büchern, die meist von Theologen verfasst sind! (ich erwähnte im Dezember bereits "Abschied vom Opfertod"), ist gemein, dass sie vor allem das sinnvolle Sterben Jesu am Kreuz angreifen. Auch das akademische Klima in Deutschland(!) ist in dieser Hinsicht durchaus bedenklich (ich hatte bereits die kühne These eines gewissen freiburger Fundamentaltheologen erwähnt, wonach Jesus in Wahrheit für die Schuld Gottes an seiner Schöpfung gestorben sei). Es geht also um das, was uns der Hebräerbrief als den Kern des christlichen Glaubens vor Augen stellt. 
Da tut es gut, wenn uns die Kirche in den nächsten vier Wochen in der Bahnlesung (unter der Woche) den Hebräerbrief (in Auszügen) vorlegt. Das ist eine gute Gelegenheit, sich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, damit auch uns der Aufruf gilt: »Lasst uns an dem unwandelbaren Bekenntnis der Hoffnung festhalten, denn er, der die Verheißung gegeben hat, ist treu.« (Heb 10,23)

Der Autor beginnt damit, dass er uns vor Augen stellt, wer oder was Jesus eigentlich ist. Nicht dieser Plüschjesus jener ungezählten Schundbücher, sondern: 
»[Der] Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat; er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens; er trägt das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt; er ist um so viel erhabener geworden als die Engel, wie der Name, den er geerbt hat, ihren Namen überragt.« (Hebr 1,2-4)

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