Sonntag, 23. September 2012

"thematische" Heilige Messe?

Nicht erst seit dem letztes Katholikentag (z.B. hier und besonders HIER) sind "thematische" Messen ein allgemeines Phänomen. Freilich ist es ein aus dem protestantischen Bereich übernommenes, denn ein bloßer (Wort)Gottesdienst lässt sich problemlos thematisch gestalten, ist doch sein Ablauf und Inhalt letztlich an keine objektiven und/oder geschichtlich gewachsenen Maßstäbe gebunden. Also versucht man spätestens seit der Liturgiereform immer mehr dieses Modell auf die Heilige Messe zu übertragen, was natürlich nur dann überhaupt nur gedacht werden kann, wenn man das eigentliche Geschehen der Messe (die Eucharistiefeier) ausblendet.

Man versucht dadurch, unterschiedliche "Zielgruppen" zu erreichen. Aber genau das führt in ein wunderbares Paradoxon: Eine "thematische" hl. Messe ist ein Machwerk von Menschen, schlimmer noch: von Einzelnen. Und weil das so ist, spiegelt solch ein Machwerk notwendig hauptsächlich Intention und Gesinnung des Machenden wieder und kann darum nur an den weitaus meisten potentiellen "Adressaten" vorbeigehen. (Hier zeigt sich auch das große Missverständnis: die hl. Messe wird zum Angebot, das von jemandem für jemanden gemacht wird. Nichts liegt dem Wesen der Heiligen Messe ferner.)
Thematische Veranstaltungen haben die Eigenschaft, dass man über Besuch und Fernbleiben danach entscheidet, um welches Thema es geht. Wenn mich eine Vorlesung über den Machbarkeitsgedanken im Frühwerk von Albert Camus nicht interessiert, ich aber große Begeisterung für die Geschichte der Aufnahme des Trishagion in der abendländischen Liturgie habe, dann gehe ich in letztere Veranstaltung. Wenn nun aber die einzige Messe am Sonntag in meiner Pfarre thematisch fixiert wird, habe ich als Katholik keine andere Wahl, als diese Veranstaltung zu besuchen, so scheissegal mir das Thema auch ist, unter das sie "gestellt" wurde. 
Wenn ich mich zudem gerade in einer intensiven Phase meines Lebens befinde (sei es positiv oder negativ), dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass mich das Thema anwidert, nochmal um einiges erhöht. Wenn das Thema dann auch noch dümmlich, nichtssagend, synkretistisch oder häresieverdächtig ist, wirds erst recht furchtbar.

Thematische Messen sind eine Vereinnahmung der Gläubigen, sie sind eine Diktatur, denn sie nehmen mir als Gläubigen nicht selten das Recht auf eine würdige Liturgie (Redemptionis Sacramentum 11: "Willkürliche Handlungen dienen nämlich nicht der wirksamen Erneuerung, sondern verletzen das den Christgläubigen zustehende Recht auf eine liturgische Handlung, die Ausdruck des Lebens der Kirche gemäß ihrer Tradition und Disziplin ist.") und sie zwingen mich zu einem Verhalten oder zu einer Gesinnung, die nicht die meine (oder die Gottes) ist, sondern eben die derer, die hinter dem Machwerk stehen. Ich kann mich dagegen wehren, aber ich habe als Katholik (im Beispiel mit der einzigen Sonntagsmesse) keine Möglichkeit, dem völlig zu entgehen.

Schlimmer noch: Solche Veranstaltungen sind eine Beleidigung Gottes, mindestens aber ein astreiner Widerspruch zum "salus et gloria et virtus Deo nostro est" (Offb 19,1) und somit das Gegenteil von Gottes-Dienst (im Hinblick auf die Eucharistie).


»Welche Liturgie von Menschen wäre denn "würdig" des Gegenstandes ihrer Verehrung, vor dem selbst im Himmel alle Wesen sich auf ihr Angesicht niederwerfen, ihrer Kränze und Kronen sich entledigen und sie in der Gebärde der Anbetung vor den Thron Gottes hinlegen: "Du allein, Herr, unser Gott, bist würdig, Lobpreis, Ehrung und Macht entgegenzunehmen" (Offb 4,11)? Diese himmliche Rückgabe aller von Kreaturen empfangener Würde an den, "der das All durch seinen Willen geschaffen", kann eine irdische Gemeinde aus Sündern nur von vornherein in die Knie zwingen zu einem "Domine, non sum dignus". Wenn diese zu Lob und Verehrung versammelte Gemeinde etwas anderes im Sinn trüge als den Akt vollkommener Anbetung und Selbstübergabe - etwa ihre eigene Erbauung oder irgendein Unternehmen, in dem sie selber neben dem Herrn, dem gehuldigt werden soll, thematisch werden sollte, so wäre das eine befremdliche, wenn auch noch so naive Selbsttäuschung.« (H. U. v. Balthasar, Neue Klarstellungen)

1 Kommentar:

Ich freue mich über Meinungen, (sinnvolles) Feedback und Hinweise aller Art. Fragen sind auch immer willkommen, eine Garantie ihrer Beantwortung kann ich freilich nicht geben. Nonsens (z.B. Verschwörungstheorien, atheistisches Geblubber und Esoterik) wird gelöscht. Trolle finden hier keine Nahrung.