Montag, 23. Januar 2012

Heinrich und Norbert

Wie das domradio berichtet, hat sich Bundestagspräsident Lammert bei einer Podiumsdiskussion in Bochum mit der Frage der Ökumene befasst.

Einerseits begrüße ich sein Engagement: Offenbar sind ihm die christlichen Kirchen und Gemeinschaften wichtig und er sorgt sich zurecht um ihre gesellschaftliche Relevanz, die sicherlich auch aufgrund bestehender Uneinigkeit abnimmt.

Aber: Was veranlasst ihn zu der Wertung, wonach die katholischen "Entscheidungsstrukturen" (was immer das ist) schlechter oder Rückständiger sind, als die der Protestanten? Mal abgesehen davon, dass es gerade in einer Demokratie doch wohl gestattet sein muss, unterschiedliche Auffassungen vom Amt zu haben (und z.B. die Bischöfe nicht "demokratisch" zu wählen!): Den Protestanten geht es doch keinen Deut besser als den Katholiken, sowohl was die Mitgliederzahlen als auch was die Glaubwürdigkeit und den inneren Zusammenhalt anbelangt. Worauf stützt sich also die Behauptung, sie seien fortschrittlicher ausgerechnet in ihren Entscheidungsstrukturen, wenn doch gerade da gravierende Uneinigkeiten entstehen (siehe PID, eingetragene Lebenspartnerschaften in Pfarrhäusern etc.)?

Auch Heinrich Seuse, dessen Gedenktag wir heute feiern, lebte in einer Zeit der Uneinigkeit und des Aufruhrs (siehe Investiturstreit). Sein Weg war aber nicht der, der bestehenden Misere zu einem zweifelhaften "Fortschritt" zu verhelfen, sondern sich umsomehr um das Kerngeschäft zu kümmern. Die einzige Entscheidungsstruktur die ihn umtrieb war die radikale Entscheidung für Christus.
Der Aufbruch, der heute allerorten gefordert wird, erscheint mir doch eher wie ein großer Redeschwall... Kommunikation wird gefordert, Dialog als höchstes Gut...

Nur eins wird dabei vergessen... nämlich irgendwas von dem zu berücksichtigen, was der Papst in seiner Konzerthausrede gesagt hat. Dem Papst ist nämlich sehr wohl bewusst, dass jedem fruchtbaren christlichen Tun, auch jedem "Aufbrechen", etwas vorausgehen muss, wofür Heinrich Seuse wohl der Experte war:

Wohlauf denn, meine Seele,
lös gänzlich dich von allem Äußeren
und sammle dich in einem stillen Schweigen
rechten Inneseins.
(Heinrich Seuse) 


Wenn wir uns nicht klar darüber sind, wer wir sind und was wir glauben, ist jeder Aufbruch ein Abbruch. Den Beweis erbrachte auch sogleich die grüne Politikerin (und evangelische Pastorin) Antje Vollmer auf selbiger Podiumsdiskussion, als sie das "gemeinsame Abendmahl" forderte. Meinetwegen soll gemeinsam "Abendmahl" feiern wer will, aber sobald das jemand mit einer Eucharistiefeier verwechselt, ist der Abbruch geschehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Ich freue mich über Meinungen, (sinnvolles) Feedback und Hinweise aller Art. Fragen sind auch immer willkommen, eine Garantie ihrer Beantwortung kann ich freilich nicht geben. Nonsens (z.B. Verschwörungstheorien, atheistisches Geblubber und Esoterik) wird gelöscht. Trolle finden hier keine Nahrung.