Sonntag, 22. Dezember 2013

Das Schweigen Josefs

»Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum [...]. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.« (Mt 1,18-20.24)

Der Ziehvater Jesu, dessen biologische Verbindung zu Jesus von allen biblischen Zeugen dezidiert ausgeschlossen wird ("Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren"), ist eine verschwiegene Gestalt. Es sind keine Worte aus dem Mund Josefs überliefert. Er ist kein Mann vieler Worte, aber umso mehr ein Mann der Tat. Voll der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit, Gott gehorsam und ihm völlig vertrauend.
In der Kirchengeschichte gab es verschiedentlich die Ansicht, dass Jakobus der "Herrenbruder", eine der drei "Säulen" der frühen Gemeinde in Jerusalem (Gal 2,9), der Autor des gleichnamigen Briefes ist. Wenn nun, wie dies auch öfters gedacht wurde, dieser Jakobus tatsächlich ein Sohn Josefs aus einer früheren Ehe, und nicht ein noch fernerer Verwandter ist, so mag im Jakobusbrief auch etwas vom Wesen Josef aufscheinen (denn der Apfel fällt nicht weit vom Stamm).

Der Autor des Jakobusbriefes ist merkbar wortkarg, er kommt ohne Floskeln aus und schreibt konzis. Und er warnt sehr deutlich vor der Macht des Wortes: "Denkt daran, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch soll schnell bereit sein zu hören, aber zurückhaltend im Reden" (Jak 1,19). Auch Jakobus ist ein Mann der Tat, für den sich alles Reden und Glauben bewähren muss: "So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat. Wer meint, er diene Gott, aber seine Zunge nicht im Zaum hält, der betrügt sich selbst und sein Gottesdienst ist wertlos." (Jak 2,17.26) 
Jakobus wird von dem Kirchenhistoriker Hegesipp († um 180 in Jerusalem) beschrieben als "der Gerechte" und als "Burg des Volkes" geehrt, weil er bis zu seinem Martyrium oft im Tempel in Jerusalem auf Knien für das Volk betete, aus dem der Messias entstammte. Für Jakobus gilt die Liebe über alles und ihre Werke vor allen Worten. Die Werke der Liebe aber sind zu leisten ohne Ansehen der Person: "Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater, besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren." (Jak 2,27)

Vielleicht können uns diese Beiden schweigsamen und umso mehr besonnenen Heiligen, gerade im Trubel vor Weihnachten, aber auch alle Tage, ein gutes Beispiel der Besonnenheit geben. Jeden Tag können wir (auch auf die Fürsprache des hl. Josef, des Patrons der Kirche!) mit dem Psalmisten den Herrn bitten: "Herr, stell eine Wache vor meinen Mund, eine Wehr vor das Tor meiner Lippen!" (Ps 141,3) 


PS. Ja, ich habe etwas geflunkert... der Engel ist eigentlich ein Verkündigungsengel in einem größeren Bild von Fra Angelico, und er gebietet nicht Schweigen, sondern zeigt zum Himmel... seis drum, es schien mir passend. :)

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