Dienstag, 28. August 2012

Augustinus und der Geist

Eine Form der Protestantisierung mag es sein, dass man jede Form der Verballhornung und Verfälschung in Verkündigung, Katechese, Lehre und Liturgie toleriert... es scheint eigentlich gar nicht mehr möglich, sich von "der Kirche" zu entfernen, denn jeder noch so absurde Häretiker und jeder Dumme Mensch der die Kirche als Wohlfühlverein misversteht will sich als Katholik verstanden wissen, auch wenn er dem gegenüber, was er meist mit "die katholische Kirche" meint, Abscheu empfindet. "Der Geist weht, wo er will" wird allzugerne missverstanden als "der Geist weht, wo ich will".

Der heilige Augustinus, dessen Gedenktag in unserer Pfarrei als Fest gefeiert wird, gibt uns da in seinem Sermon 267 einen sehr tröstlichen Hinweis und zugleich eine Warnung an die Hand:
»Es kommt vor, dass am menschlichen Körper, ja vielmehr vom Körper ein Glied abgeschnitten wird, eine Hand, ein Finger, ein Fuß; folgt etwa dem abgeschnittenen Glied die Seele? So lange es am Leib war, lebte es, abgeschnitten büßt es das Leben ein. So verhält es sich auch mit einem christkatholischen Menschen, so lange er im Leib (der Kirche) verbleibt, abgeschnitten (vom Leib der Kirche) ist er Häretiker geworden. Einem amputierten Glied folgt nicht der Geist. Wenn ihr somit vom Heiligen Geist leben wollt, so bewahrt die Liebe, liebt die Wahrheit, ersehnt die Einheit, damit ihr in die Ewigkeit gelangt.«

Montag, 27. August 2012

Notizen zur christlichen Mystik

Im Rahmen des Katechetischen (s. Label), was ich hier ab und an zu schreiben gedenke (vgl. Jahr des Glaubens), bisher aber erst zweimal getan hab. Diesmal aus einem Text, den ich vor scheinbar ewigen Zeiten einmal für jemanden schrieb. Das war grad am Beginn meines Theologiestudiums, ich bitte daher, Ungenauigkeiten zu Entschuldigen. ;)

Für Außenstehende, so auch für mich, bevor ich katholisch wurde, erscheint die Katholische Kirche bzw. der Katholizismus als Religion unheimlich verkopft, trocken, verstaubt und emotionslos. "Mystisch" war das letzte Wort, das ich damit in Verbindung gebracht hätte.
Bald lernte ich aber, dass das Herzstück des Katholischen, die Eucharistie, kondensierte, greifbare Mystik ist... "Mystik zum anfassen" (nur dass ich die Handkommunion bald schon unterließ, als ich mehr darber lernte); "Mystik scheibchenweise".

Gerade für Protestanten ist es oft interessant zu wissen, dass „protestantisch“ und „mystisch“ meistens (mit sehr wenigen Ausnahmen, wie etwa Dietrich Bonhoeffer) tatsächlich als Gegensätze betrachtet werden, und zwar hauptsächlich von den Protestanten selbst!
Adolf von Harnack, wohl der bedeutendste protestantische Theologe im späten 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, schreibt im dritten Band von seinem Lehrbuch der Dogmatik folgendes: "Die Mystik ist die katholische Frömmigkeit überhaupt" (Hervorhebung von Harnack); ein Mystiker der nicht Katholik sei, so Harnack, sei "ein Dilettant" (1910, 434). "Die Mystik", so Harnack weiter, "wird man niemals protestantisch machen können, ohne der Geschichte und dem Katholizismus ins Gesicht zu schlagen" (ebd., 436). Bei Harnack ist die Mystik immerhin noch recht positiv gewertet, aber eben nicht Teil des Protestantismus. Bei Karl Barth, dem "evangelischen Kirchenvater des 20. Jahrhunderts" klingen die Töne schon anders; er betrachtet die Mystik als einen "Abfall von Gott" und sein Kollege Emil Brunner (den ich ansonsten durchaus zu schätzen weiß) stellt die Protestanten vor die Wahl: "Entweder die Mystik oder das Wort Gottes" (für einen Protestanten, für den ja dieses Wort, die Bibel, die einzige und höchste Autorität ist, sola scriptura, eine leichte Wahl).

Luther selbst und einige seiner Zeitgenossen waren noch deutlich mystischer Geprägt (Thomas Müntzer wäre hier zu nennen und besonders Jakob Böhme, der große Philosoph). Luther studierte u.a. in Klöstern, die sich der "devotio moderna" verschrieben hatten, einer im 14. Jahrhundert aufkeimenden mystischen Erneuerungsbewegung die bis Heute in der Kirche ihren Platz hat (z.B. die "Brüder vom gemeinsamen Leben"; die "Nachfolge Christi" von Thomas von Kempen ist auch eine Frucht davon). Diese mystischen Prägungen gingen aber leider Gottes ähnlich schnell verloren wie alles andere, was Luther noch an "Katholischem" beibehielt.

Was nun die Katholiken anlangt, liegt der Anfangs zitierte Harnack m.E. ziemlich richtig mit seiner Einschätzung, denn die Mystiker hatten, besonders im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, einen ganz enormen Einfluss auf den Werdegang und die Identität der Kirche. Katharina von Siena war nicht nur "die größte Frau der Christenheit" (glaubt man den Italienern), sondern sie war wohl auch eine der größten Mystikerinnen. Sie hatte sich nach eigenen Aussagen in einer Vision mystisch mit Jesus vermählt und hat mit ihm ihr Herz getauscht (ein sehr bekanntes Motiv in der Kunst; die "Herz-Jesu Mystik" ist noch Heute recht weit verbreitet).
Andere wichtige und bekannte Persönlichkeiten sind z.B. der Heilige Franz von Sales, Franziskus von Assisi, Ignatius von Loyola, Teresa von Avila, natürlich Hildegard von Bingen und Meister Eckhart und Juan de la Cruz. Letzterer wurde, als der tiefe Mystiker der er war, 1926 sogar zum Kirchenlehrer ernannt, was durchaus eine bedeutende Auszeichnung ist, gab es doch in den 2000 Jahren der Kirchengeschichte nur 33 Menschen, die den Titel "Kirchenlehrer" zuerkannt bekamen; unter ihnen erstaunlicherweise auch einig Frauen (z.B. die erwähnte Katharina) und weitere Mystiker(innen).
Tatsächlich ist es so, dass man die Kirche als den "mystischen Leib Christi" bezeichnet. Und das ist keine fromme Floskel  (vgl. Röm 12,5)! In der frühen Kirche bezeichnete man auch die Eucharistie als "mystischen Leib Christi".

Grundsätzlich lässt sich konstatieren, dass der erste christliche Mystiker wohl Jesus selbst gewesen ist, der tatsächlich so etwas wie eine "Christusmystik" gelehrt hat. Ich denke da z.B. an die vielen Ermahnungen, die Menschen sollen ihn Lieben, mit ihm und in ihm "eins sein", sein "Fleisch essen" etc. Jesus betet zum Vater: "Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein" (Joh 17,21). Wenn das keine Mystik ist, weiß ich auch nicht... Überhaupt redet die Bibel oft oft vom himmlichen "(Hochzeits)Mahl" (Offb 3,20; 19,9) und die ganze Bibel ist durchzogen von dem Bild, dass Gott (der Bräutigam), sich mit den Menschen (der Braut) vermählt (oft mit Jerusalem als Symbol für die Menschheit): "Wie der junge Mann sich mit der Jungfrau vermählt, so vermählt sich mit dir dein Erbauer. Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich." (Jes 62,5; vgl. Offb 21,2) So groß ist die Liebe! Das "Hohelied der Liebe" im Alten Testament wird auch in aller Regel so verstanden (ganz besonders schöne Passage: Hl 4,1-15). Auch die Hoffnung der Urchristen richtet sich auf "die Ankunft Jesu Christi, unseres Herrn, und unsere Vereinigung mit ihm" (2Thess 2,1).
Wie angesichts dieses Befundes irgendein Christ nicht Mystiker sein kann oder will, ist mir schleierhaft.

Der genannte Johannes vom Kreuz († 1591) ist besonders für seine intensive Vermählungsmystik bekannt.
Hier mal ein Beispiel aus seiner mystischen Lyrik:
Lebend'ges Liebesfeuer, 
Das mit so süßem Leide 
Verwundet meiner Seele tiefsten Gründe! 
Vollend, und diesen Schleier 
- Hast ja an Stolz nicht Freude -
Zerreiß in Huld, daß jede Trennung schwinde.


Die Vermählungsmystik ist gewissermaßen der Kulminationspunkt aller christlichen Mystik. Doch es geht noch weiter.
Nicht nur versteht sich die christliche (katholische) Kirche als "mystischer Leib Christi", auch das Leben in dieser Kirche ist nur so durchsetzt von Mystik.
Bestes Beispiel hierfür sind die Sakramente der Kirche, die ihr Leben und Wirken in höchstem Maße verwirklichen. Diese Sakramente werden verstanden als "aus der Seite Jesu entsprungen"; jene Seite, die bei der Kreuzigung mittels einer Lanze durchbohrt wurde und aus der Blut und Wasser (= die Sakramente der Kirche) flossen (Joh 19,34). Das an sich ist schonmal ein mystisches Symbol (die Wunde als Quelle der Gnaden, als Quelle der Kirche). Wenn man jetzt aber noch bedenkt, dass in der orthodoxen Tradition das, was wir im Westen als "Sakramente" kennen, mit dem Wort "Mysterium" bezeichnet wird (synonym!), sollte jedem klar sein, wo Mystik in der Kirche zu finden ist... überall!
Und das bringt uns zurück zur Vermählungsmystik: Das ganze Leben und Wirken der Kirche, sei es in den Sakramenten, sei es außerhalb (z.B. in der Mission oder der Caritas), zielt letztlich ja auf dieses Hineingenommenwerden in Gott ab. Die Sakramente geben dabei in überfließendem Maße Anteil an dieser "Ausrichtung" und verwirklichen sie.
Wenn der Katholik zur "Kommunion" geht, geschieht das nicht von ungefähr, denn er tritt dadurch in die Gemeinschaft, "communio", mit Gott ein. Und nun ist es ja so, dass nach katholischem Glauben dieses Brot und dieser Wein den man dort empfängt, in seiner (metaphysischen) Substanz gar nicht mehr Brot und Wein ist, sondern Leib und Blut Christi! Es handelt sich also um eine geradezu substanzielle (leibliche) Anteilnahme an Gott (Jesus Christus) selbst.

Wichtig hierbei ist nun aber, dass wir den Unterschied zwischen der fernöstlichen Mystik und der christlichen Mystik festhalten. Diese beiden unterscheiden sich nämlich fundamental.
Während in der östlichen Mystik (und ebenso in sämtlicher Esoterik) die Methode, die Technik (oder Praktik) essentiell ist; die entscheidende Instanz für das "Gelingen" des mystichen Weges also der einzelne Mensch selbst ist (der Meditierende ist also, so widersinnig das klingt, der Akteur, der sich selbst mystisch zu entrücken sucht), gibt es im christlichen Verständnis nur bedingt etwas, was der Mensch zur Erlangung mystischer Erfahrungen beitragen kann. Das hängt freilich (logischerweise) damit zusammen, dass es im Christentum ja ein personales (und treues!) Gegenüber gibt. Das Ziel ist nicht ein das Individuum auflösendes Nirvana, sondern das Hineingenommensein in Gott, das ewige Leben in der Gemeinschaft mit ihm. Dieser Gott, der jeden von uns beim Namen ruft (s.o.), ist der Akteur. Das wird aus den Ursprüngen umso klarer: Gott hat sich Offenbart und zu den Menshen gesprochen. Er hat uns zuerst geliebt. Jesus gründet seine Forderung nach Liebe darauf, dass er es zuerst getan hat: "Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben." (Joh 13,34)
Der "Vorteil" dabei ist, dass diese Gottesbeziehung jeden Menschen in gleicher Weise angeht. Während man im Buddhismus schon ein eheloser Mönch sein muss, um sich ganz auf die Perfektionierung der richtigen Technik konzentrieren zu können, kommt der Gott, wie ihn die Christen kennen, jedem Menschen entgegen und will jeden zu sich ziehen und in sich hineinnehmen. Nach katholischem Verständnis (und sogar im Kirchenrecht in Form eines Gleichheitsgrundsatzes festgeschrieben), herrscht nicht nur bei der, jedem Menschen eigenen Würde Gleichheit unter den Gläubigen, sondern auch in ihren Tätigkeiten: das was ein beliebiger Laie tut ist nicht weniger wert als das, was ein Priester, ein Bischof oder ein Papst tut. Ist auch folgerichtig, denn es ist ja Gott, der anspricht und befähigt.
Diese erste Initiative Gottes ist der Grund, warum so viele Heilige ihre größten Gottesbegegnungen erlebten, noch bevor sie überhaupt zu ihrem "heiligmäßigen" Leben fanden. Oder konkreter: Das ist der Grund, warum es soetwas wie eine Bekehrung gibt: Der Anruf Gottes, der jeden Menschen unbedingt und unmittelbar angeht, wird gehört und beantwortet.
Die christliche Mystik ist im wahrsten Sinne also für jeden da, ist grundlegendes Moment katholischer Praxis (v.a. in den Sakramenten) und ist begründet auf der Hinwendung Gottes zu uns und seinem Anklopfen an unsere Pforten.

In der Lebensbeschreibung des Heiligen Franziskus wird Folgendes berichtet, als er in der Nähe der verlassenen S. Damiano Kirche vorüberging: "Er trat vom Geiste geführt ein, um zu beten, und warf sich demütig und voll Hingabe vor dem Gekreuzigten Nieder. Da ward er von ungewohnten Heimsuchungen des Geistes betroffen und fühlte sich ganz anders, als er eben noch bei seinem Eintritt gewesen." Daran schließt sich die Vision des sprechenden Kreuzes an.
Diese kurze Passage zeigt, wie das mystische Erleben im Christentum vonstatten gehen kann: Es ist nicht das eigene Können, das eigene Engagement von Bedeutung. Der Mensch bringt sich (in seiner Freiheit!) dar, öffnet sich in Demut und Hingabe für das Wirken des Höchsten, sodass dieser es ist, der antreibt und durch den Menschen handelt ("im Geiste"). Das Höchste der Mystik ist freilich die unmittelbare Gottesschau oder andere Formen der Einung mit Gott, wie eben die erwähnte mystische Vermählung.

Nicht nur ist nach den Berichten großer Heiliger (Mystiker, Kirchenlehrer) das ganze Leben des Christen ein mystisches Hinwenden zu Gott, es ist dadurch freilich auch ein Kampf, denn unsere Schwachheit hält uns viel zu oft davon ab, diesem Ruf zu folgen. So warnt uns denn auch Jesus ausdrücklich, uns nicht von den Sorgen des Alltags (Lk 21,34) abhalten zu lassen, von dem beständigen Streben nach der (mystischen) Vereinigung mit ihm...
"Die Mystik ist die katholische Frömmigkeit überhaupt"...

Sonntag, 26. August 2012

Geistliche Begleiter


Theresa von Avila darüber, welche Sorte geistlicher Begleiter man meiden soll: »Man sehe aber zu, daß dieser keiner von jenen sei, die uns den langsamen Krötengang lehren und sich schon damit zufrieden geben, wenn die Seele im Jagen nach Eidechsen sich tapfer erweise.«

Und über das Abwägen zwischen Seele und den oft wichtiger erscheinenden Bedürfnissen des Leibes schreibt sie, dass man zwar schon auch so zum Ziel kommen könne, »wenn wir nur gerecht und tugendhaft leben; aber das sind Hühnerschritte, mit welchen man nimmermehr zur Freiheit des Geistes gelangt.«

(Leben, XIII. Hauptstück)

Samstag, 25. August 2012

Neil Armstrong


Neil Armstrong, der am 21. Juli 1969 im Rahmen der Apollo 11 Mission als erster Mensch die Oberfläche eines anderen Himmelskörpers betrat, starb heute im Alter von 82 Jahren.

R.I.P.

Freitag, 24. August 2012

Kirchen-, Glaubens-, oder Verkündigungskrise?

Ein lesenswerter Artikel über die "Krise" im Bistum Hildesheim in der FA.

Ein, zwei Sachen stören mich dann doch:
»99 Prozent können mit der katholischen Messe nichts anfangen, weil sie es nicht verstehen, weil ihnen die Uhrzeit nicht passt, weil es ihnen zu langweilig ist oder weil es sie nicht berührt.«

Es lässt sich wohl auf den erste Punkt runterkürzen.
Hmm... sie verstehen es nicht... Steht der Lehrer vor der neuen Klasse, und alles was er tut, ist zu klagen, dass die Schüler "es" nicht verstünden...

Ich finde es zudem sehr befremdlich, wenn hier davon gesprochen wird, "die Kirche" müsse "neue Formen" wagen. Heißt das, sie soll ihre "alten Formen" aufgeben (weil sie ja niemand "versteht")? Ich halte es zudem für völlig falsch, derartiges von oben her zu verordnen oder gar planen zu wollen... Das beste Beispiel ist Nightfever: Von "unten" kommend, ist es eine Gottesdienstform die junge Leute anzieht und begeistert. Aber, und das ist vielleicht das Wichtigste daran: Es ersetzt nichts. Es klingt ein wenig sehr danach, als wollten Herr Hennecke und Frau Reus, mit bischöflichem Segen, die Hl. Messe mit einem Lobpreiskonzert oder -abend ersetzen... was recht befremdlich ist, denn ein Lobpreisabend ist ein Lobpreisabend und eine Hl. Messe ist eine Hl. Messe... beides besuche ich reichlich, aber nur eines davon beinhaltet sakramentales Geschehen.

"Weil sie es nicht verstehen"?

»Der irdisch gesinnte Mensch aber lässt sich nicht auf das ein, was vom Geist Gottes kommt. Torheit ist es für ihn, und er kann es nicht verstehen, weil es nur mit Hilfe des Geistes beurteilt werden kann.« (1Kor 2,14)

»Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie hören, wenn niemand verkündigt?« (Röm 10,14)

Entweder ist die Eucharistiue Teil unseres Glaubens, oder sie ist es nicht. Wenn sie es ist, dann kann und darf ich mich mit dem Nichtverstehen nicht abfinden und dann darf ich die Hl. Messe nicht ersetzen. "Neue Formen" können immer nur ein Zusatz, ein schönes Geplenkel sein, das stets au die "Teilnahme am eucharistischen Opfer", die "Quelle und der Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens" (vgl. SC 11) ausgerichtet bleibt oder dorthin führt. Dass die Eucharistie der Erklärung bedarf ist kein modernes Phänomen. Die Kirche ist kein Ramschladen der sein Lager räumen muss, sondern sie ist Hüterin des sakralen -- Bewahrerin der leibhaftigen Gegenwart Gottes.

Mittwoch, 22. August 2012

Die Sache mit der Umkehr

Auf kath.de ist zu lesen, dass der zuständige Erzbischof die Aufnahme von Michelle Martin im Klarissen-Kloster als "schädlich für das Ansehen der Kirche" bezeichnet habe.

Das wars dann wohl, mit der Umkehr und dem verlorenen Schaf.
Schade eigentlich.

Wie ging nochmal der Spruch aus der Apostelgeschichte (3,19)... "Geht weiter und kümmert euch nicht, damit eure Sünden auf ewig bleiben"... ne, anders...
hmm...

Random thought #73:
»Seht euch vor! Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er sich ändert, vergib ihm. Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will mich ändern!, so sollst du ihm vergeben.« (Lk 17,3-4)

Ehe vs. Familie

Ein CDU Politiker möchte "herkömmlichen Ehen mit Kindern" in einen Topf werfen mit "Alleinerziehende", "Patchwork-Familien" und "homosexuelle Ehepaare mit Kindern". So sehr ich auch das Anliegen Teile, dass auch Alleinerziehende mehr gefördert werden, so sehr verwirrt es mich, das hier im grunde Nihilismus gepredigt wird.
Es ist Gleichgültig, wird uns erzählt, es spielt keine Rolle, welchen dieser Entwürfe man wählt.

Ja, lieber Herr Schmid, ist Ihnen nie aufgefallen, dass das fruchtbarste und gesündeste Umfeld für ein Kind immer dasjenige ist, welches am stabilsten, verlässlichsten und menschlich wärmsten ist? Nämlich: Die Ehe zwischen einem Mann und einer Frau. Was der gesunde Menschenverstand uns rät und was sogar evolutionsbiologisch als für die Gattung Homo (Mensch) als prägend und ursprünglich angesehen wird*, was immer galt und sich stets über alle Alternativen als Erhaben gezeigt hat, was nicht zuletzt unser kulturelles (christlich-semitisches) Erbe ist.

Der Staat soll Familien fördern. Ok. Bin ich voll dafür.
Aber wäre es nicht auch sinnvoll, wenn der Staat v.a. die "Form von Familie" (das Ding wo Kinder "sind") fördert, die erwiesenermaßen aufgrund ihrer Beständigkeit die fruchtbarste, sozialverträglichste, zukunftsfähigste, ethischste, menschlichste und schönste ist? Aber nein: Ein Anreiz, um diese "sinnvollste Variante" anzustreben, soll partout vermieden werden, denn der wäre ja gleichbedeutend mit einer Diskriminierung aller anderen "Varianten". Implizit heißt das nichts anderes, als dass alle Varianten gleichwertig sein sollen, obwohl sie es de facto nicht sind.

»Mir geht es darum, dass ich meinen Überzeugungen gerecht werde. Das bedeutet, [...] eine offene und liberale Politik zu machen, die ganz und gar nicht im Widerspruch zu konservativen Werten steht.«
Ja, ne, is klar, Josef, habs verstanden: "Konservativ? Liberal? Grün? Ach, Schwamm drüber, iss doch alles eine Pampe!" Das wesentliche Unterscheidungsmerkmal der großen Parteien ist ohnehin inzwischen nur noch die Hintergrundfarbe, vor der die aktuellsten Weisheitsbröckchen exkretiert werden.


just my 2 cents


[*] In Kurz und stark vereinfacht: Mit dem aufrechten Gang und wegen unseres vergleichsweise schlechten Geruchssinnes fielen die wichtigsten Signale für die Paarungsbereitschaft der Weibchen, wie sie bei anderen Säugetieren üblich sind, weg (z.B. optische Reize das Hinterteil betreffend). Die Folge war, dass die Urmenschen monogam wurden, denn die Männchen konnten nie so recht wissen, wann denn nun das Weibchen paarungsbereit ist... folglich mussten sie die ganze Zeit beim Weibchen bleiben und es auch gegen die Konkurrenz verteidigen. Diese Achtsamkeit war wiederum nur bei einem Weibchen aufs Mal sinnvoll durchzuführen. Die andauernde Monogamie war geboren. [Vom Geschaffensein des Menschen "als Mann und Frau" ganz zu schweigen.]

In Memoriam: Loriot


Ein lesenswerter Artikel zum Tag und diesem und anderen "Cartoons für Loriot" gibt es bei n-tv.

Königin auf Knien

St. Wolfgang im Salzkammergut
Ich habe diese Darstellung an einem Altar von Michael Pacher († 1498) immer besonders geschätzt, weil sie Maria nicht dem Betrachter geöffnet zur Verehrung zwischen Gott Vater und Gott Sohn drapiert, sondern weil Maria ganz in der Anbetung und in der Demut vor Gott kniet. Das zeigt für meinen Geschmack die Essenz dieses Festes viel klarer auf.

Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, das die Kirche heute ließt: die zu verschiedenen Tageszeiten angeheuerten Arbeiter bekommen alle den gleichen Lohn, zeigt uns etwas, das auch auf das heutige Fest hinweist.
Maria hat die Krone nicht um ihrer Selbst Willen oder als Ausweis ihrer Verdienste, sondern als Ausweis der großen Gnade Gottes, als Beleg für seine große Güte, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Dass sie Königin ist, kommt ja einzig daher, weil sie den König der Könige (1Tim 6,15) geboren und begleitet hat. Die Krone der Gerechtigkeit, wie sie Paulus ersehnt (2Tim 4,8), erhalten alle die ans Ziel gelangen, egal, wann sie sich auf den Weg begeben haben. Die Krone Mariens ist dafür ein herrlicher Vorbote, ein Bild das unseren "Siegeseifer" stärken kann, auf dass wir den lauf vollenden (4,7).
Die anbetende Haltung ist das was Gott gebührt, auch von der Königin des Himmels.

Dienstag, 21. August 2012

Sommerloch

Der Sommer ist gerettet:

1) Ein paar politisch aktive Musikerinnen verstoßen gegen Aspekte der Religionsfreiheit um ein politisches Statement zu tun.
2) Sie werden dafür bestraft, wie es in jedem Rechtsstaat mit eingebauter Religionsfreiheit sein muss (denn ein Recht ohne Schutz desselben ist außerordentlich nutzlos), aber aus unerfindlichen Gründen verkürzt alle Welt die Bergündung für die Bestrafung auf "wegen des politisches Statements".
3) Ein paar Leute finden es doof, dass wegen eines POLITISCHEN Statements hier jemand bestraft wird und sägen im Verlauf ihrer Meinungskundgabe, die entsprechend gleichfalls ein politisches Statement ist, ein Kreuz um.


Wirklich köstlich... mehr Popcorn!

Nicht vergessen: Pius X.

Theodor gibt einen kleinen überaus lesenswerten Einblick in Person und Werk des hl. Pius' X.
Er verlinkt auch einen Artikel der den üblichen Umgang mit diesem großen Papst in den Mainstreammedien exemplifiziert.

Der erste Absatz des verlinkten Artikels stimmt aber leider: 
»Pius der Zehnte? Der Namenspatron der vieldiskutierten Piusbruderschaft gehört zu den unbekanntesten Päpsten des 20. Jahrhunderts - obwohl er der bislang einzige Pontifex der Neuzeit ist, der heiliggesprochen wurde [...] dennoch wissen Laien wie auch die meisten Kleriker kaum etwas über Pius X., und nur Lefebvre und seine Anhänger scheinen ihn derzeit vor dem Vergessen zu bewahren.«
Sowohl die Medien wie die Katholiken von Linksaußen sind ja, wie üblich (vgl. "Eine neue Kirche nach dem Konzil"), stets bemüht, den Piussen Recht zu geben... Daran sollte man mal was ändern... Wollen wir diesen großen Wegbereiter des Zweiten Vaticanums etwa den Schismatikern (und in der Folge auch den Hetzern) überlassen?


»Die häufige und tägliche Kommunion ist Christus dem Herrn und der Katholischen Kirche sehr erwünscht; daher soll [...] niemand, der im Stande der Gnade und mit rechter und frommer Absicht kommuniziert, vom Tische des Herrn ferngehalten werden [...].

Die rechte Absicht besteht darin, dass man nicht aus Gewohnheit, Eitelkeit oder menschlichen Rücksichten zum Tisch des Herrn geht, sondern um Gottes Willen zu erfüllen, sich in Liebe enger mit ihm zu vereinigen und vermöge dieser göttlichen Arznei die eigenen Schwächen und Mängel zu bekämpfen.

Obgleich es sehr zu wünschen ist, dass jene, die öfters oder täglich kommunizieren, frei seien von lässlichen Sünden, wenigstens von ganz überlegten und von der Anhänglichkeit an solche, so genügt es doch, dass sie von Todsünden frei seien und den Vorsatz haben, in Zukunft nicht mehr zu sündigen. Wenn dieser aufrichtige Vorsatz vorhanden ist, wird sich die Seele ohne Zweifel durch die tägliche Kommunion auch von lässlichen Sünden und vom Hang dazu allmählich befreien.

Die Sakramente des Neuen Bundes bringen zwar „ex opere operato“ (d. h. aus eigener Kraft) ihre Wirkung hervor, aber die Wirkung wird dennoch umso größer sein, je besser man sich auf deren Empfang vorbereitet; es gilt also, dafür Sorge zu tragen, dass der heiligen Kommunion eine gewissenhafte Vorbereitung vorausgeht und eine angemessene Danksagung folgt, je nach Kräften, Verhältnissen und Obliegenheiten eines jeden.«

(Pius X., Sacra tridentina synodus: über die tägliche Kommunion; 1905)

Montag, 20. August 2012

Umarmung der Liebe

aus dem Wonnentaler Graduale
Die Darstellung des Amplexus (dt. Umarmung), die bemerkenswerter Weise sogar heute in der Predigt vorkam, zumindest als Umschreibung, in der sich Jesus Christus vom Kreuz herabneigt und den betenden Bernhard umfängt, ist überaus aussagekräftig für dessen Theologie: Gott ist nicht fern!

Eine Frage, die mich v.a. in der Zeit meiner Bekehrung sehr beschäftigte und es auch weiterhin tut, ist die nach der Möglichkeit, Gott zu lieben. Wie ist das möglich, dass wir Menschlein, uns so sehr Gott nahen können?
Darauf gibt Bernhard von Clairvaux eine überraschend simple Antwort:
»weil er sich bewusst ist, dass er geliebt wird, verwirrt es ihn nicht, seinerseits auch zu lieben. In deinem Licht, o unerreichbares Licht, wird deutlich, was für Gutes du dem elenden Menschlein, auch wenn es schlecht ist, in deiner Macht bewahrst. Der Mensch liebt dich also gewiß nicht unverdientermaßen, denn er wird ja geliebt, ohne es zu verdienen. Er liebt ohne Ende, weil er weiß, dass er ohne Anfang geliebt wird. Der großartige Entschluss, der von Ewigkeit an im Schoß der Ewigkeit verborgen war, tritt jetzt zum Trost der Erbärmlichen ins Licht: dass Gott nicht den Tod des Sünders will, sondern vielmehr will, dass dieser umkehrt und lebt. [...] Niemand, der bereits liebt, soll daran zweifeln, dass er geliebt wird. Gern folgt die Liebe Gottes der unseren, der sie vorausgegangen ist. Wie sollte es sie verdrießen, die zu lieben, die sie schon liebte, als sie selbst noch nicht liebten? Sie hat geliebt, sage ich, sie hat geliebt. Du hast den Geist als Unterpfand der Liebe und hast den zuverlässigen Jesus zum Zeugen.«
(Aus Brief 107)

Samstag, 18. August 2012

Biblischer Sarkasmus

»Das Wort des Herrn erging an mich: Wie kommt ihr dazu, im Land Israel das Sprichwort zu gebrauchen: Die Väter essen saure Trauben und den Söhnen werden die Zähne stumpf?« (Ez 18,1-2)

Dieses durchaus sarkastische Sprichwort veranschaulicht ein Missverständnis, wie es in der Zeit des AT häufiger unter den Israeliten/Juden aufkam, bis in die Zeit Jesu hinein; dass nämlich die Söhne für die Sünden ihrer Väter büßen müssen. Das ganze Kapitel 18 bei Ezechiel befasst sich mit dieser Problematik. Die heutige Lesung rafft das ganz gut zusammen.

Mir scheint, heute haben wir ein ähnliches Problem wie die Israeliten damals: Ihr Verständnisproblem lag darin begründet, dass sie (meistens) kein Leben nach dem Tod im Blick hatten und darum irdisches Ungemach endgültig schien. Uns geht es schlecht, ergo muss etwas falsch sein. Das Volk Gottes in der Verbannung sah, dass ihre Väter in ihrem eigenen Land sterben durften, sie aber sind verschleppt... sie sind sich selbst keiner Schuld bewusst und suchen diese bei den Vätern die scheinbar nicht bestraft wurden.

Man kann das ganze Kapitel auch mit Jer 31,29-30 zusammenfassen, wo uns dieses Sprichwort das zweite Mal begegnet: 
»In jenen Tagen sagt man nicht mehr: Die Väter haben saure Trauben gegessen und den Söhnen werden die Zähne stumpf. Nein, jeder stirbt nur für seine eigene Schuld; nur dem, der die sauren Trauben isst, werden die Zähne stumpf.« 

Gott vergilt jedem nach seinem Tun. Aber das ist keine Garantie für Wohlsein. Es ist nicht möglich mit Gott zu handeln nach dem Motto "Wenn ich nur alles erledige, geht es mir gut und ich bleibe verschont". So funktioniert das nicht. Eher noch andersrum: irdische Bedrängnis ist, spätestens seit der Bergpredigt, ein Zeichen für den Gnadenstand! Ihre Abwesenheit sollte Besorgnis auslösen, denn wo bleibt dann der "Stein des Anstoßes"?

Die Vergeltung geschieht nach dem Tod; der Lohn ist das ewige Leben.
Und genau das Fehlen dieser Perspektive, die wir im Credo bekennen (das "Leben der kommenden Welt"), ist heute wiederum für nicht wenige falsche Ansichten die Ursache. Wieviele Christen glauben noch an ein Leben nach dem Tod?
Wir würden heute unser Ungemach nicht mehr auf die Väter schieben, nein, wir machen es uns viel einfacher: wir schieben das Ungemach auf ein unbarmherziges Kirchenrecht, auf rückständige Moralvorstellungen, auf eine Welt die nicht unseren Wünschen gehorcht. 

Unser Sprichtwort könnte dann lauten: "Wir wollen unser Leben genießen, aber man lässt uns nicht. Wir werden unterdrückt!"
"Nein", antwortet Gott, "ihr unterdrückt euch selbst. Eure eigenen Taten sind die Last die euch zu Boden drückt und ihr werdet sie nicht los, indem ihr so tut als wäre jemand anders daran Schuld!"
Die Lehre der Kirche ist der unbequeme prophetische Mahner in der Wüste... wer es bekämpft und seine Schuld nicht eingesteht, muss mit den Konsequenzen rechnen... in diesem Leben und im kommenden.

Überwindung der Spaltung

»Bei einer feierlichen Zeremonie im Königsschloss in Warschau haben der russisch-orthodoxe Patriarch Kirill I. und der Vorsitzende der polnischen katholischen Bischofskonferenz, Erzbischof Józef Michalik, ein religiöses Dokument unterzeichnet. Die “gemeinsame Botschaft an die Völker Russlands und Polens“ soll die orthodoxe und die katholische Kirche in beiden Ländern versöhnen.

In dem schon jetzt als historisch gewerteten Dokument heißt es: “Wir rufen unsere Gläubigen auf, um die Vergebung des Leids, der Ungerechtigkeiten und alles Bösen zu bitten, das einander zugefügt wurde.“ Das sei der “erste und wichtigste Schritt zur Wiederherstellung von gegenseitigem Vertrauen“, ohne den es keine “vollständige Versöhnung“ gebe.«


Im Osservatore Romano ist laut kipa heute eine Reaktion darauf drin.
Aus der kipa-Meldung:   
»In der Erklärung wird ausführlich das gemeinsame Ziel beschrieben, die christlichen Werte in der heutigen Zeit zu verteidigen. Abtreibung, Sterbehilfe und die Homosexuellen-Ehe verstiessen gegen die Zehn Gebote, heisst es in dem Dokument.«

Nachtrag: Die Tagespost von heute hat die Sache als Titelgeschichte.

Freitag, 17. August 2012

Dienst an der Wahrheit

... quando iudex est venturus
»Nur weil ihr so hartherzig seid, hat Mose euch erlaubt, eure Frauen aus der Ehe zu entlassen. Am Anfang war das nicht so.« (Mt 19,8)

Die Aussage Jesu, die die freibruger Ungehorsamsausrufer nicht so gerne hören. 
Heute gab es ausnahmsweise mal eine (wenn auch kurze) Predigt in der Kathedrale des Erzbistums Freiburg, deren Kernsatz lautete, dass nicht eine Entscheidung zwischen "die kirchlischen Normen dem wirklichen Leben anpassen" auf der einen Seite und einem "Beharren auf diesen Normen" auf der anderen die Alternative wäre um die es ginge, sondern, Zitat: "Das Wichtigste ist, nicht hartherzig zu sein, sondern in Liebe zu handeln."

Nungut, hier wurde nur mal wieder das Gleiche gesagt, wie schon im freiburger Ungehorsamsausruf, nur hat man "Unbarmherzigkeit" mit "Hartherzigkeit" ersetzt. Also wieder eine Monopolisierung und Vereinnahmung eines Begriffs. Nichts Neues unter der Sonne.
Das Eigentliche, was mir schier den Atem stocken ließ und mich vor lauter Wut und innerer Aufwühlung sogar von der Kommunion abhielt, war die Tatsache, dass der obige Satz, so zentral er für diese Perikope ist, die uns die Kirche heute vorgibt, vom Zelebranten/Prediger beim Vorlesen des Evangeliums weggelassen wurde! Auf die Frage der Pharisäer kam sogleich die Antwort: "Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt..."
Was sagt man dazu... ich war und bin sprachlos. Vor allem ist es so sinnlos, jeder kennt doch die Stelle... oder?

gute n8!


PS. Ich weiß natürlich sehr gut bescheid, wer dieser Priester ist, dessen "politische Ausrichtung" kein Geheimnis ist. Ich weiß auch welche (hohe!) Funktion er im Erzbistum ausübt, behalte es aber lieber für mich... auch aus beruflichen Gründen.

Mittwoch, 15. August 2012

Himmelkönigin

Ave Regina caelorum,
 
ave Domina angelorum,
 
salve radix, salve porta,
 
ex qua mundo lux est orta.
 
Gaude, Virgo gloriosa,
 
super omnes speciosa;
 
vale, o valde decora,
 
et pro nobis Christum exora.

Kinder Gottes

Ein "Grundsatz" mittelalterlichen Denkens über die Kunst lautet: "per visibilia ad invisibilia" (zu Deutsch: durch das Sichtbare zum Unsichtbaren). Er besagt z.B., dass Kunst der Versuch sein soll, Unsichtbare (für uns nicht er-fassbare) Aspekte der Wirklichkeit dadurch fassbarer zu machen, dass man sie in einer sichbaren Form, quasi als Analogie, darstellt. Das betrifft zu allererst natürlich alles was Göttlich ist, aber eine besonders faszinierende Darstellungsweise einer unsichtbaren Wirklichkeit interessiert uns jetzt: In der Ikonenmalerei der Ostkirche, aber auch im Westen, wird zuweilen die (unsichtbare) Seele eines Menschen dargestellt.

Zu sehen ist der Tod Mariens. Jesus hält hier, wie es scheint, ein Kind im Arm, in der selben Weise, wie es Maria stets mit dem Jesuskind in zahllosen Darstellungen tut. Wenn man aber genau hinsieht, erkennt man, dass diese kleine, ganz in weiß gekleidete Gestalt weiblich ist. Es ist die Seele Mariens, die hier in der Analogie eines kleinen Menschen dargestellt ist, wie es für die Darstellung dieses Festes in der Ostkirche üblich ist.
Was bedeutet das?
In der Bibel lesen wir: "Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, ist aus Gott geboren; und jeder, der den liebt, der geboren hat, liebt den, der aus ihm geboren ist" (1Joh 5,1) Und überhaupt redet Jesus immer wieder von einer "neuen Geburt" die uns durch die Taufe wiederfährt: "Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen." (Joh 3,5) Sich zu Christus bekehren und die Taufe zu empfangen kommt einer neuen Geburt gleich. Petrus sagt über den "Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus", dass dieser uns "in seinem großen Erbarmen neu geboren" hat (1Pet 1,3). (Soviel zu dem Vorwuf, Gott würde in der Bibel immer als Mann dargestellt...)
Daraus folgt: "Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi" (Röm 8,17).

Wir sollen also Kinder Gottes sein. Diese Gotteskindschaft zeigt sich besonders an vier Merkmalen:
1) Im Beten: Wir sollen uns nicht selbst erhöhen, viele Worte machen und Gott zeigen, wie toll wir sind. Wir sollen einfach (in aller Einfachheit!) beten. 
2) Im Staunen: Die Meisten Menschen haben es verlernt, der Schöpfung auf Augenhöhe zu begegnen, sie einfach nur bewundern zu können und zu Staunen über all die Wunder direkt vor ihren Augen. Es geht im Christentum nicht um ein "Niederfallen" vor der Schöpfung: die Sterne am Himmel wie die Tiere der Erde sind auch nur Geschöpfe und der Mensch soll die Schöpfung bewahren und treu verwalten: er ist nicht ihr Knecht und sie beherbergt keine knechtenden Götter. Aber auch zur Herablassung und Ausnutzung der Schöpfung haben wir weder das Recht noch die Berufung. Vielmehr sollen wir, die wir gleichermaßen Geschöpfe sind, der Schöpfung auf Augenhöhe begegnen und uns an ihr freuen. Wir sollen staunen über sie, wie ein Kind! Sollen in ihr die Handschrift Gottes erkennen. 
3) Im Danken: Wenn wir von Gott etwas geschenk bekommen (Gnade!) sollen wir nicht darüber nachdenken, wie wir es Gott vergelten könnten oder rechnen, was wir ihm nun schulden. Wie ein Kind sollen wir einfach nur das Geschenk annehmen und uns darüber freuen. Dankbar sein, aber nicht berechnend, wie es die Erwachsenen zumeist tun. 
4) In der Hoffnung: Trotz Enttäuschungen und Rückschlägen sollen wir nicht aufhören zu hoffen. Trotz des Unmuts und trotz des Unverständnisses, das wir Gott oft entgegen bringen ("Warum lässt du das zu?!") sollen wir, wie ein Kind, stets wieder auf ihn vertrauen und auf ihn hoffen. Nicht nachtragend, Verbissen oder alles Missliebige protokollierend.

Wir sollen Kinder Gottes sein, denn wir dürfen ihn Abba ("lieber Vater"; wörtlich: Väterchen) nennen!
Unsere Seele soll die eines Kindes sein, und das wird sie nur, wenn sie ganz durchdrungen ist von der Gnade und vom Geist Gottes. In einem lateinischen Messbuch aus dem siebten Jahrhundert findet sich die wundervolle Zeile: "Die Mutter Gnade gebiehrt uns zu einer neuen Kindheit."

Das Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel, oder auch einfach Dormitio, Entschlafung, erinnert uns an die Fürsorge Gottes, an seine Liebe zu uns, seinen Kindern. An Maria zeigt sich diese Liebe zu uns ganz authentisch, denn Gott liebt keinen Menschen weniger, als er Maria liebt. "Denn Gott hat Großes an mir getan..."

Dienstag, 14. August 2012

Genesis

Kreationisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie die biblischen Schöpfungserzählungen wortwörtlich nehmen: So wie es dort beschrieben wird, ist die Welt und ihre Komplexität ins Dasein gekommen. Das eigentlich offensichtlichste Problem ist schon der Plural: Es gibt mehrere Schöpfungserzählungen! Allein zwei gleich zu Beginn der Bibel direkt aneinander anschließend. Und in ihrem Literalsinn schließen die sich notwendig aus! Ansonsten gibt es (sich im Literalsinn gerne auch widersprechende) Schöpfungserzählungen überall in der Bibel, von vorn bis hinten, z.B. in den Psalmen, im Buch der Weisheit, in Ecclesiasticus, natürlich der Johannesprolog und in der Offenbarung (dann v.a. für die "Neue Schöpfung").
Natürlich werde ich das Thema später auch noch theologisch und im Hinblick auf die Naturwissenschaften behandeln... auch Augustinus, Thomas und Ratzinger werden ein entscheidendes Wörtchen mitzureden haben.


Mal spaßeshalber: Wenn wir das ersten Kapitel der Genesis wortwörtlich auffassen würden, dann...
- könnte man einen Tag-Nacht Wechsel feststellen, selbst wenn es keine Sonne, keinen Mond und keine Sterne gibt (1Mo 1,5).
- wäre das Licht vier Tage vor der Sonne da gewesen (1,3.14).
- würde der Mond von sich aus leuchten, statt von der Sonne angestrahlt zu werden (1,16).
- wären die anderen Sterne in Wirklichkeit nur kleine Lichter (in Wirklichkeit sind sie im Schnitt ebenso groß wie unsere Sonne, nur eben sehr weit weg).
- wäre der Himmel massiv, hätte die Form einer umgedrehten Schüssel und würde eine ganze Menge Wasser davon abhalten, auf die Erde zu fallen (1,7; 7,11).
- würden Pflanzen einen Großteil ihres Lebenszyklus', mindestens vom Samen bis zum Fruchttragen, an nur einem Tag durchlaufen können, ohne dabei Schwierigkeiten mit ihrem Stoffwechsel zu bekommen (1,12).
- wären alle Himmelskörper am Himmel, der ja massiv ist, befestigt, statt frei im Raum zu schweben (1,17).
- könnten alle Vögel fliegen (1,20.25).
- könnten wir jede Pflanze/Frucht bedenkenlos essen (1,29).
- wären alle Tiere Vegetarier, (1,29.30).
- wären Pflanzen keine Lebewesen (1,20ff).

Nein, das erste Kapitel der Genesis ist definitiv nicht wortwörtlich zu verstehen. Zumindest würde es in einer Zeit, in der eine gewisse naturwissenshaftliche Grundbildung Allgemeingut ist, wenig Sinn ergeben.
Viele in Genesis 1 und 2 beschriebenen Einzelheiten stimmen überhaupt nicht mit der Realität überein, sondern entsprechen ziemlich genau dem Weltbild von vor 3000 Jahren, das nur den bloßen Augenschein als Referenz hatte (die Erde ist Flach mit einer Kuppel drüber, der Himmel ist Blau weil darüber Wasser gespeichert ist, der Mond leuchtet von sich aus etc.). Darüber hinaus sind auch zahlreiche kulturelle Färbungen enthalten: Als Adam und Eva vom Baum aßen, schämten sie sich ob ihrer Nacktheit und machten sich einen Schurz. Es gibt viele Kulturen auf der Welt, in denen es diese Scham nicht gibt. Auch das Symbol der Schlange als dem Bösen ist stark kulturell gefärbt (vgl. etwa die Regenbogenschlange der Aborigines). Es wird also deutlich, wie sehr diese Erzählungen kulturell und zeitlich bestimmt sind.

Der Grund, warum es in der Bibel sehr viele falsche Naturbeschreibungen gibt, aber auch, natürlich, einige richtige, ist eigentlich offensichtlich: Wie jede Kultur, haben auch die Israeliten die Welt in der sie Lebten betrachtet, das ist nur menschlich. Davon ausgehend lassen sich 4 Voraussagen machen für die sich dann auch Belege finden:
1. Was sie direkt betrachten konnten hat durchaus seine Richtigkeit.
Beispiel: das "Widerkäuen" von Hasen (5Mo 14,7) ist zwar physiologisch betrachtet ein anderes Widerkäuen als das der... nunja... Wiederkäuer, aber der Augenschein bleibt bestehen. 
2. Was nicht direkt für sie zu betrachten war oder zumindest aus einer nur eingeschränkten Perspektive, wird schon weniger korrekt sein.
Beispiel: dass Fledermäuse Vögel und Wale Fische sein sollen (5Mo 14,11-16; Jona 2,1), entspricht genau dem, was wir bei einer Kultur, die noch keine besonders ausgereifte Biologie, geschweige denn Ornithologie besitzt, erwarten würden. Der Augenschein ist Maßstab. 
3. Was dann schließlich gänzlich außerhalb ihrer Möglichkeiten (der Erreichbar- und Beobachtkeit) lag, ist mit großer Wahrscheinlichkeit falsch beschrieben und wir finden stattdessen nur Beschreibungen vor, die mit bloßem Auge möglich waren.
Beispiel: Der Himmel ist blau, weil darüber große Mengen Wasser gelagert sind die sich bei Regen über die Erde ergießen (1Mo 7,11) und der Mond scheint von sich aus zu leuchten (1,16). Mangels Fernrohr bekommt man eben diesen Eindruck (danke, Galilei!).  
4. Bei Dingen die noch weiter der Wahrnehmung entzogen waren, die man garnicht sehen konnte, wie etwa die Erschaffung der Welt oder die Tiefen der Ozeane, mussten Mythen und Legenden herhalten um zu erklären was dort (gewesen) ist.

Es gibt kein Schilderungen von Naturphänomenen in der Bibel die man in der jeweiligen Zeit und angesichts der zur Verfügung stehenden Mittel nicht erwarten würde. Wir finden genau das Muster an Wirklichkeitstreue und falschen (weil dem Augenschein geschuldeten) Beschreibungen, das wir erwarten würden, nicht nur wenn man ein heiliges Buch verfasst, sondern wenn man, als Mensch in so einer Kultur, irgendein Buch schreibt, in dem man Elemente der täglichen Erfahrung einfließen lässt.
Die Bibel ist kein naturwissenschaftliches Buch und will es auch nicht sein.


Die Genesis ist im Gesamtkontext der Schrift in keiner Weise als ein aktualer naturhistorischer Bericht physikalischer Ereignisse zu verstehen, sondern enthält, hinsichtlich der Botschaft des AT und NT, kategorische Aussagen über das alles bestimmende und konstituierende der Welt im allgemeinen und der Menschheit im Besonderen. Die Schöpfungserzählungen teilen uns mit, 
1. dass die Welt geschaffen ist, 
2. in Freiheit und Liebe und 
3. dass sie „gut“ war (und durch die Sünde Hort derselben wurde). 
Sie sagen uns weiter, 
4. dass alle Tiere und Pflanzen, 
5. alle Aspekte der physikalischen Wirklichkeit (was wir heute mit Hilfe von Astronomie, Geowissenschaften etc. erkunden) geschaffen und erhalten werden von Gott.
Und schließlich sagen sie uns, 
6. dass der Mensch gleichfalls geschaffen wurde, 
7. als Mann und Frau, 
8. nach dem Abbild Gottes und darum 
9. mit der Würde und Vollmacht zu herrschen und zu bewahren.
Das sind die Aussagen der Schöpfungserzählungen!
Nicht: "Sonne, Mond und Sterne sind an der Himmelsschüssel festgeklebt" und "der Mensch besteht hauptsächlich aus Lehm", sondern das wichtigste überhaupt wird ausgedrückt: der Sinn des Ganzen.

Sinn ist hier zu verstehen als:
"Richtungs"-Sinn: Von Gott her und auf Gott hin.
"Inhalts"-Sinn: Zum (Er-)Leben im Lobpreis und in der Liebe Gottes und zu einander.
"Wert"-Sinn: Von Gott in freier Liebe geschaffen und erhalten. Schließlich (NT) in Christus in freier, liebender, hingebender, Mit-Leidung und stellvertretender Er-Leidung verherrlicht.
"Auftrags"-Sinn: Nutzung und Bewahrung der Schöpfung; Leben im Mit- und von einander.

Es ist eine Heilsbotschaft, keine geophysikalische oder astronomische Berichterstattung. Oder, mit einem geflügeltes Wort, das Galilei zugeschrieben wird, umgedreht: Die Bibel sagt uns, wie wir in den Himmel kommen, nicht wie die Himmelsmechanik funktioniert. 
Wenn Kreationisten die Schöpfungsgeschichte als naturalistische Berichte der Entstehung der Welt auffassen, stellt sich mir ernsthaft die Frage nach der geistigen Gesundheit dieser Leute. Wenn wir nämlich die Erzählungen bloß faktisch-naturalistisch auffassen, widersprechen sie sich an zahlreichen stellen und stehen mit der Wirklichkeit in krassem Konflikt.

Genesis 1 im speziellen ist aber etwas viel viel Tolleres!
Es ist ein Gedicht, ein Lied. Es hat einen Refrain: "Gott sah, dass es gut war" und eine klare Untergliederung in Strophen "Es wurde Abend und es wurde Morgen".
Ja, es ist nach manchen Auslegern sogar ein regelrechtes Heldenepos: Michelangelo hat das so herrlich in seinen Fresken zum Ausdruck gebracht, wie Gott der "Held" Licht und Dunkel scheidet, dem Wasser seine Grenzen weist, Sonne und Mond (heidnische Götter!) mit einem Fingerschnippen erschafft und "festzurrt" und aus seinen Befehl hin alles "so geschieht". Und das soll ein trockener Tatsachenbericht sein?


Dass es sich bei diesen Schöpfungserzählungen nicht um historische Berichte handelt, wussten übrigens auch schon die Kirchenväter. Weshalb dieser Gedanke der Kreationisten in Wirklichkeit ein höchst modernes Phänomen ist: Weder die Söhne Israels, die die fünf Bücher Mose editierten und zusammenstellten, noch diejenigen, die sich über den Kanon der christlichen Bibel Gedanken machten; weder ein Hieronymus, der die Vulgata übersetzt hat, noch ein Thomas von Aquin, wären je auf den Gedanken gekommen, diese Erzählungen als akkurate naturhistorische Berichte aufzufassen. Nur in einem biblizistischen Protestantismus konnte solch ein Gedanke entstehen.

to be continued...


PS. An meine lieben Leser: Keine Bange, ich werde hier kein einseitig szientistisches oder sonstwie ideologisches Gedankengut verbreiten. Dass dieses Blog im Wesentlichen katholischen Inhalten gewidmet ist (Verkündigung, Gebet, Liturgie, Kritik an fragwürdigen "Aufbrüchen" etc.), ist eigentlich offensichtlich... dass ich dann schwerlich ein "Religion ist Privatsache für Dumme"-Ideologe sein kann, der der Religion jede Relevanz für das "wirkliche Leben" abspricht, müsste eigentlich keines Hinweises bedürfen.
Generell gilt: Geduld! Das Thema ist so komplex und so voller Missverständnisse und Vorurteile, dass es nunmal nicht anders zu behandeln geht, als in "Bröckchen"... Wenn ich z.B.  in einem Eintrag etwas über Wesen, Sinn, Inhalt und Funktionsweise der Naturwissenshaft(en) schreibe, dann tue ich eben genau dies, entsprechend dem Stand der Dinge so wie sie nunmal gegenwärtig sind; ich erwäge dann nicht noch alle erdenklichen hypothetischen Permutationen einer mehr oder minder philosophisch sinnvollen reziproken Durchdringung derselben mit der Theologie! Das Thema wird noch vorkommen, aber: alles zu seiner Zeit! Vorauseilende Skepsis und Befürchtungen aller Art sind völlig überflüssig!
Worauf ich mich übrigens generell nicht einlasse sind sinnfreie Diskussionen darüber, "wer recht hat", denn darum geht es in dieser ganzen Serie überhaupt nicht! (Zumal wir ja alle wissen, wer Recht hat; einer dieser Leute die "Bescheid wissen" sitzt gerade auf dem Stuhl Petri. :P) Ich lege im Wesentlichen bloß dar, was Sache ist (und wo Missverständnisse liegen) und will am Ende aufzeigen, warum es keinen Widerspruch zwischen Wissenschaft und Glaube, zwischen Schöpfung und Evolution geben kann, sobald man nur verstanden hat, warum es sich jeweils handelt. Aber genau das trifft de facto auf die meisten, die sich an solchen Diskussionen (gerade auch in sämtlichen Medien) beteiligen, nicht zu, denn entsprechende Bildung in Geistes- und Naturwissenschaft sind rar gesät, zumal im gleichen Individuum. 
Ich habe mich zu dieser kleinen Serie entschieden, weil ich das Privileg genieße, beides zu studieren, und wenigstens ein paar Leuten die Gelegenheit geben möchte, eine zumeist unfreiwillige (auf Nichtwissen beruhende) Engstirnigkeiten zu überwinden (die gibt es nämlich in beide Richtungen, und sie unterscheiden sich nur dem Namen nach!) und vllt. als Multiplikatoren zu wirken, damit auch andere davon profitieren.

Montag, 13. August 2012

Fundstück II

Noch ein Facebook-Fund zum Thema Leben. Sehr gut auf den Punkt gebracht!

Das Infragestellen einer Theorie

Neulich hinterließ Marcus, der mit dem c einen Kommentar in dem er mich auf etwas aufmerksam machte, was ich in einem kurzen Exkurs behandeln möchte. Ich meine nicht so sehr das Beispiel, was er für angebliche "Irrtümer der Evolutionstheorie" umschrieben hat, sondern das was hinter so einem "Vorwurf" steht. Eine naturwissenschaftliche Theorie eines "Irrtums" überführen zu wollen ist ähnlich sinnvoll, wie zu erwarten, dass eine Theorie sich irgendwann in Fakten verwandelt. Letzteren Irrtum habe ich am Beginn dieser kleinen Serie behandelt, und es scheint geboten, doch noch ein paar Worte zu diesem Thema, gemeint ist Wissenschaftstheorie, zu verlieren.

Eine Theorie kann sich nicht irren. Menschen können das.
Eine Theorie ist ein Werkzeug um Wissenschaft zu betreiben, also nach dem "wie" von Naturprozessen und -phänomenen zu fragen. Ein Werkzeug, das kann jeder Schreiner bestätigen, kann sich nicht irren. Wenn das Möbel am Ende eine Fehlkonstruktion ist, ist nicht das Werkzeug schuld, sondern entweder derjenige, der das Werkzeug benutzt hat, oder derjenige, der das Werkzeug konstruiert hat (wobei es dann eig. wieder die Schuld des Benutzers ist, da er das fehlkonstruierte Werkzeug nicht als solches erkannt hat).
Was hinter dem Terminus technicus "Theorie" steht, habe ich ja schon erklärt. Und es ist eben etwas ganz anders, als was man im alltäglichen Sprachgebrauch unter einer "Theorie" versteht (nämlich eine "Meinung" oder "Vermutung").

Hinter der Annahme, etwas (noch) Unerklärtes würde eine Theorie infrage stellen oder gar widerlegen, steht ein ähnlicher Denkfehler, wie hinter der Annahme, Darwinismus sei eine Religion, der v.a. Biologen anhängen. Und wie diese ist auch jene Annahme falsch.

Dieses Konzept ist gerade für Christen oft schwer zu verstehen, da für den Christen gewisse Dinge an die Autorität einer Person gebunden sind; namentlich: Jesus Christus. Was Christus auf Erden gelehrt hat ist wahr und wichtig, weil Christus es gelehrt hat. Ja mehr noch: Das Entscheidende am Neuen Testament ist gar nicht so sehr das, was Jesus gelehrt hat, sondern v.a. Jesus selbst! Das meiste was dieser jüdische Rabbi von sich gegeben hat war nicht so unheimlich originell: Andere antike Weisheitslehrer (Buddha, Zarathustra, Sokrates, Mose; später auch Seneca) haben das meiste so oder ähnlich auch schon vor Jesus gelehrt. Das Wichtige ist die Person Jesu selbst: Der Sohn Gottes, eines Wesens mit dem Vater; und das was er getan hat: für unsere Sünden gestorben und auferstanden. Selbst wenn kein einziges Wort von ihm überliefert wäre, würde das nichts an seiner Bedeutung ändern.
Die Bibel wiederum bezieht ihre Autorität von Gott. Wenn nicht Er sie geschrieben hätte, wäre sie nicht das, was sie ist.

In der Wissenschaft ergibt sich die Autorität einer jeden Idee jedoch nicht aus demjenigen, der die Idee hatte: Selbst wenn Einstein ein pädophiler Massenmörder gewesen wäre, wären seine Ideen dennoch richtig und wichtig. Auch wenn Darwin ein Atheist gewesen wäre und in seiner Freizeit kleine Mietzekatzen massakriert hätte, wäre seine Idee der natürlichen Selektion revolutionär und für die Begründung der modernen Biologie essentiell gewesen. Oder, um weniger emotionasgeladene Gebiete der Naturwissenschaft zu nehmen: Wenn ein überaus experimentierfreudiger Statiker gute Arbeit leistet und sein Gebäude jedem Erdbeben standhält, ist es völlig egal, was für eine Persönlichkeit oder Weltanschauung er hat! Andersrum: Wenn der Statiker es versaut hat und bei einem leichten Beben 100 Leute unter seinem Bau begraben werden, weil er etwas falsch berechnet hat, ist es völlig egal, ob er der geistige Bruder von Mutter Theresa ist: er hat es versaut und wird so schnell keine Aufträge mehr bekommen!
Die Persönlichkeit dessen, der eine Theorie entwickelt, spielt keine Rolle; was zählt ist, ob die Theorie funktioniert!

Aus dem gleichen Grund haben Theorien ihre Autorität nicht aus sich selbst heraus: Eine Theorie ist nur so lange sinnvoll, gültig und in Gebrauch, wie sie funktioniert, d.h. so lange sie die relevanten Fakten möglichst gut zu erklären vermag. Kann sie es nicht, muss sie modifiziert und verbessert werden. Und genau das geschieht mit jeder wissenschaftlichen Theorie unablässig.


Nehmen wir mal das Beispiel von Marcus: Angenommen, da hätten einige Forscher tatsächlich Beobachtungen gemacht, die mit dem, was uns die Theorie der Evolution bisher(!) an Erklärungen an die Hand gibt, nicht wirklich erklärt werden können oder dem sogar zu widersprechen scheinen. Ist jetzt also die Theorie in Schwierigkeiten, oder gar das Faktum der Evolution, dessen Beschreibung die Theorie dient?
Antwort: Nein.

Wenn Wissenschaftler etwas finden, was mit den bisherigen Werkzeugen nicht zu erklären ist, dann muss eben das Werkzeug modifiziert (in der Schreineranalogie: ausgetauscht) werden; Wenn bisherige Erklärungen nicht ausreichen, dann ist das der Moment, wo sie so richtig aufblühen! Das ist der Moment, in dem Wissenshaft ihrem Namen alle Ehre macht!
Die Geschichte der Wissenschaft -- oder konkreter: die einer bestimmten Theorie, ist eine Geschichte der ständigen Konfrontation mit Dingen, die man mit dem was man hat (noch) nicht erklären kann! Das ist es, was Wissenschaft ist. Darum habe ich auch in nahezu jedem Beitrag dieser Serie stets betont, dass eine jede Theorie ständig in Bewegung ist und das Infragestellen ganz ganz wichtig.

Was das angeht, was Marcus konkret angesprochen hat, kann ich, solange ich keine Quelle habe (Zahlen, Daten, Fakten; ein peer-reviewtes wissenschaftliches paper wäre ideal!), nichts dazu sagen. Es scheint mir aber, dass hier, wie so oft, nur Medientrara gemacht wird weil's Quote bringt, nicht, weil es einen wirklichen Grund dafür gibt. Es gab auch (wohl ausreichend wissenschaftlich angehauchte) Sendungen, die im Kielwasser von Dan Brown für reichlich Quote sorgten... und die Fachwelt fasste sich nur an den Kopf und weinte bitterlich...


Ganz abstrus wird es, wenn nicht nur die Theorie, sondern die Fakten durch so etwas "Unerklärtes" in Zweifel gezogen werden sollen.
Die Frage die es sich stets zu stellen gilt, ist die der Alternative: Angenommen, es stimmt... angenommen, natürliche Prozesse können die Beobachtungen nicht erklären. Was wäre die Alternative? Hat Gott eingegriffen? Hat er ein Wunder vollbracht (so unbedeutend und sinnlos es auch ist)? Hat er die Naturgesetze gebrochen um uns (bzw. den wenigen Fachleuten, die die nötige Bildung haben um es überhaupt nur zu bemerken) zu sagen "Hallo, hier bin ich!"?
Oder ist es nicht vllt. doch einfach nur so, dass wir hier (wieder einmal) vor dem einzigen Grund stehen, warum wir überhaupt Wissenschaft betreiben: Weil wir etwas noch nicht wissen und sich uns hier eine Möglichkeit bietet, etwas Neues zu lernen?

Etwas (noch) nicht Erklärtes oder Verstandenes ist kein Widerspruch zu dem schon Erklärten und Verstandenen, es ist der Anreiz zum Weitermachen! Ein "Ich verstehe es nicht" ist kein Grund, das bisher Gelernte zu verwerfen, sondern es will eben auch verstanden und gelernt werden!

Solche Missverständnisse sind es auch, die von Kreationisten und anderen pseudowissenschaftlichen Grüppchen allzugerne ausgenutzt werden (das gleiche Spiel wie bei den Dan Browns und Hans Küngs dieser Welt): sie behaupten unablässig Lücken in der Evolutionstheorie und glauben, so ihre eigene Idee in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken. Was sie nicht kapieren ist, dass jede Theorie Lücken hat. Zum Glück! Sonst gäbe es keinen Grund, noch zu forschen. Ihre eigene Idee hat übrigens keine Lücken, sie ist eine einzige solche, denn sie erklärt nichts. (Dazu, so Gott will, komm ich noch genauer.)
Dr. Pepper sagt:
»Stoning non-conformists is part of science. Stoning conformists is also part of science. Only those theories that can stand up to a merciless barrage of stones deserve consideration. It is the creationist habit of throwing marshmallows that we find annoying.«


Nachtrag: Wie konkret die Evolutionstheorie seit ihrem Bestehen ständig hinterfragt und in all ihren Aspekten infrage gestellt wurde und wird, habe ich bereits anhand einiger Beispiele beschrieben. SO muss Infragestellung in der Wissenschaft laufen: nicht dadurch, dass man Löcher in der bestehenden Theorie sucht (was sinnfrei ist), sondern indem man selber eine bessere Erklärung für ein Phänomen findet! (Schönes Video, das die Unwichtigkeit der Person Darwins für die gegenwärtige Evolutionstheorie beschreibt.)

Sonntag, 12. August 2012

Zollitsch und die Hochschulwochen

Nachdem letzte Woche kath.net gleich zweimal über gewisse fragwürdige Vorkommnisse an den Salzburger Hochschulwochen berichtet hat (dabei aber leider selbst auch recht fragwürdig vorgegangen ist), kann man heute über die Würdigung selbiger Hochschulwochen durch den freiburger Erzbischof, Robert Zollitsch, lesen. Politisch korrektes Pflichtprogramm halt.

Ehrlich: Mich überrascht das nicht im Geringsten. Es gelingt dem Erzbischof sogar, diese Veranstaltung als "Ort der Bestärkung" zu bezeichnen... Bestärkung wozu?